SCI-Technikschule V: Der Motor

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Der Motor spielt im Rennen oft eine entscheidende Rolle. Seine Haltbarkeit und Leistung können über Sieg oder Niederlage entscheiden. Gleichzeitig stellt er in modernen Sportwagen die vermutlich schwerste Einzelkomponente dar und beeinflusst dadurch ganz maßgeblich auch das Handling mit.

Wer erinnert sich noch an das 24-Stunden-Rennen von Le Mans im Jahre 2010? Die Peugeot dominierten die Audi beinahe nach Belieben, bis die Motoren der Franzosen sich der Reihe nach verabschiedeten.

2011 zog dann erneut Peugeot den Kürzeren. Sie waren schlicht langsamer als Audi. Sobald aber die verwinkelteren Strecken des ILMC-Kalenders kamen, waren plötzlich wieder die Peugeot-Boliden obenauf, da deren Motor besser aus der Kurve kam. In allen Fällen hatte der Motor entscheidenden Einfluss auf den Ausgang der Rennen.

Einfach und doch komplex

Die Arbeitsweise eines Verbrennungsmotors wirkt auf den ersten Blick relativ einfach. Ein Kolben läuft auf und ab und im passenden Takt dazu werden Ventile geöffnet und geschlossen. Im ersten Takt saugt der Motor entweder reine Luft oder ein Benzin-Luft-Gemisch durch die geöffneten Einlassventile ein. Zum Ende des Takts werden diese dann geschlossen und der Motor verdichtet, was er zuvor eingesaugt hat. Bei direkt einspritzenden Benzinmotoren erfolgt in diesem Takt auch die Benzinzufuhr. Durch Einspritzen einer größeren Menge Diesel oder einen Zündfunken wird kurz von Erreichen des oberen Totpunkts der Inhalt des Kolbens gezündet. Es beginnt der dritte Takt, in dem die eigentliche Nutzarbeit geleistet wird. Im vierten Takt werden dann die Auslassventile geöffnet und die verbrannten Gase werden in das Abgassystem geschoben. Anschließend wiederholt sich das Spiel. Jeder Takt dauert dabei eine halbe Motorumdrehung, sodass ein Viertaktmotor immer zwei Umdrehungen fahren muss für einen Nutztakt.

Aufgebaut ist solch ein Motor im Wesentlichen aus sieben wichtigen Teilen. Dem Kurbelwellengehäuse, also der Unterseite, in dem die Kurbelwelle, das Element welches die Bewegung der Kolben bestimmt gelagert ist. Hinzu kommen noch der Motorblock, welcher die Zylinder umfasst, der Zylinderkopf, welcher sie Ventile aufnimmt, die Nockenwellen, die Kolben und die Ventile.

Kurbelwellengehäuse, Zylinder und Zylinderkopf sind dabei fest verschraubt. Hingegen können sich die Kurbelwelle, die Nockenwelle, die Kolben und die Ventile innerhalb ihrer Führungen bewegen. Beim Aufbau wird nun die Kurbelwelle, schon fertig mit Pleuel und Kolben in das Gehäuse, welches häufig auch eine Ölpumpe und so weiter enthält eingelegt und anschließend die Zylinder eingefädelt und verschraubt. Anschließend wird dann der Zylinderkopf, welcher meist auch die Nockenwelle und die Ventile enthält mit dem Rest verschraubt. Um die Nockenwellen einbauen zu können, ist in der Regel auch der Zylinderkopf noch einmal in einen oberen und unteren Teil aufgeteilt.

Während die Kurbelwelle die Kraft überträgt und die Bewegung der Kolben bestimmt, stellt sich die Frage, was denn nun die Nockenwellen machen. Diese steuern das Öffnen und Schließen der Ventile, so wie dies von der Konstruktion des Motors festgelegt wurde. Die Ventile wiederum erlauben der Luft aus dem Ansaugtrakt in den Zylinder zu strömen beziehugsweise den verbrannten Gasen in das Abgassystem zu strömen.

Die Kolben wiederum dichten gegen die Zylinderwand ab und sorgen so dafür, dass auf sie eine Kraft wirkt, durch welche sie nach unten gedrückt werden. Diese Kraft, multipliziert mit dem durch die Kurbelwellen entstehenden Hebelarm ergibt das (momentane) Motordrehmoment für diesen Zylinder. Bei der Verdichtung und beim Ausstoßen ist dieses negativ, bei der Verbrennung positiv.

Hauptproblem Luftzufuhr

Was vielen nicht klar ist, ist, dass man zur Verbrennung von einem Kilogramm Benzin etwa 14 Kilogramm Luft benötigt. Das Problem dabei ist nun, dass man ein Kilogramm Benzin bei Raumtemperatur problemlos in einer 1,5-Liter-Flasche transportieren kann, während die 14 Kilogrammt Luft ein weit größeres Volumen einnehmen.

Viele Maßnahmen zur Leistungs- und Effizienzsteigerung zielen also darauf ab, die Luftzufuhr zum Motor zu verbessern. So werden häufig Ansaugwege begradigt und deren Oberflächen bearbeitet um Druckverluste im Ansaugsystem zu minimieren. Auch die Direkteinspritzung gehört zu diesen Maßnahmen, da bei deren Verwendung der Brennstoff nicht mit angesaugt werden muss.

Prominentestes Beispiel, wie versucht wird, mehr Luft in die Zylinder zu bringen, ist aber der Turbolader. Bei einem Turbolader wird die Strömungsgeschwindigkeit, der Druck und die Temperatur des Abgases dazu benutzt eine Turbine anzutreiben, welche über eine Welle mit einem Verdichter verbunden ist. Dieser verdichtet die Luft im Ansaugsystem auf einen höheren Druck, es passt eine größere Luftmasse in den Zylinder.

Dieses ist auch der Hebel, an dem die Regelmacher häufig ansetzen um die Motorleistung einigermaßen im Griff zu behalten. Die meisten Rennserien der Welt haben in irgendeiner Form Restriktoren vorgeschrieben. Entweder wie in der LMP-Klasse in Le Mans für bestimmte Motortypen oder aber wie in der GT-Szene üblich speziell für jedes Fahrzeug. Bei Turbofahrzeugen kann auch der maximale Ladedruck angepasst werden, was anders als der Restriktor auch bei niedriger Drehzahl und Last die Leistung senkt.

Leistung: Drehmoment und Drehzahl

Ebenfalls für mehr Luft im Zylinder sorgt mehr Hubraum, da dann mehr Luft angesaugt werden kann. Allerdings ist es heute eher unüblich einen kleineren, als den vom Reglement erlaubten maximalen Hubraum zu verwenden, um keine Nachteile zu erleiden. Mehr Hubraum erzeugt erlaubt mehr Luft im Zylinder, was es wiederum erlaubt mehr Kraftstoff zu verwenden was für mehr Drehmoment und damit mehr Leistung sorgt.

Die zweite Möglichkeit zu mehr Leistung zu kommen ist es, den Motor auf eine höhere Drehzahl zu trimmen. Hierzu werden möglichst große Ventile verwendet, welche das Ausstoßen von Abgasen und Ansaugen von Frischgas erleichtern. Außerdem wird versucht die Teile des Motors, welche sich bewegen so leicht wie möglich zu gestalten um die Trägheit zu senken. Dies geht jedoch zu Lasten der Haltbarkeit.

Diesel versus Benzin

Bis vor wenigen Jahren erschien ein Dieselmotor im Rennfahrzeug undenkbar beziehugnsweise auf Randerscheinungen beschränkt. Spätestens seit den Siegen von Audi in Le Mans mit genau diesem Motorkonzept ist aber klar, dass man diesen Brennstoff ebenfalls betrachten muss.

Diesel- und Benzinmotoren folgen zwar den gleichen Grundprinzipien bei der Verbrennung et cetera unterscheiden sich jedoch deutlich in ihrer Arbeitsweise. So wird die Leistung des Benzinmotors immer noch in erster Linie über die Reduzierung der Luftzufuhr mittels Drosselklappe gesteuert. Beim Diesel hingegen erfolgt die Leistungssteuerung durch die Menge des eingespritzten Kraftstoffs. Ein Dieselmotor saugt immer gleich viel Luft an und kann, anders als ein Benzinmotor, über ein breites Band von Benzin-Luft-Gemisch verbrennen, während der Benzinmotor ein Verhältnis nahe dem idealen Mischungsverhältnis benötigt um verbrennen zu können.

Nachteil des Diesels ist sein höherer Luftbedarf und die Tatsache, dass er auf eine Maximaldrehzahl in der Größenordnung von 5.000 pro Minute begrenzt ist. Dies hat zur Folge, dass die Leistung über Drehmoment erzeugt werden muss, was die mechanischen Beanspruchungen der Motorlager, der Kurbelwelle und deren Lagerung sowie der Kupplung und Getriebeeingangswelle deutlich erhöht. Um diesen Belastungen gewachsen zu sein, benötigt man mehr Material, was zu einem schwereren Auto führt.

Das höhere Gewicht der Diesel führt auch am Anfang der Diesel-Ära zu einer eher hecklastigen Gewichtsverteilung. Besonders beim Audi R10, aber auch beim Peugeot 908 beschwerten sich die Piloten darüber, dass sie Kaum Gewicht auf der Vorderachse hatten. Die schweren Motoren im Heck führten dazu, dass man, um das Mindestgewicht nicht unnötig zu überrschreiten, kein Ballast mitführte. Darum kamen die Fahrzeuge zwar hervorragend aus der Kurve, aber hatten vor allem am Kurveneingang ihre Probleme.

Randerscheinung Erdgas

Auf der Nordschleife und in Zukunft wohl auch in der LMPC-Klasse der ALMS werden immer wieder auch Fahrzeuge mit Erdgasantrieb eingesetzt. Diese basieren im Prinzip auf normalen Benzinmotoren und haben verschiedene Vor- und Nachteile. Nachtteilig ist zunächst einmal, dass bei Saugrohreinspritzung nun ein nicht geringer Volumenanteil des angesaugten Gemischs nun Erdgas ist, was die Luftmenge reduziert und damit die Leistung herabsetzt. Vorteil hingegen ist die höhere Klopffestigkeit gegenüber Benzin, was es erlaubt die Verdichtung zu erhöhen, was der Leistung wiederum zu Gute kommt.

Richtig ausspielen kann Erdgas seine Vorteile aber erst mit Turboaufladung und direkter Einspritzung. Dank der direkten Einspritzung wird, ähnlich wie beim Diesel, zunächst nur Luft angesaugt, welche durch den Turbo auch noch verdichtet wurde. Die höhere Klopffestigkeit erlaubt dabei bei gleicher Verdichtung wie beim Benzinmotor höhere Ladedrücke beziehugnsweise bei gleichem Ladedruck höhere Verdichtung. Beides kommt der Leistung und dem Wirkungsgrad zu gute.

Reihen-, Boxer- und V-Motoren

Wenn von Motoren die Rede ist, wird auch oft die Anzahl der Zylinder und deren Anordnung genannt. Ein Reihenmotor bedeutet dabei, dass alle Zylinder in einer Reihe angeordnet sind. Im Motorsport eher eine ungewöhnliche Variante und meist nur bei bis zu vier Zylindern angewendet. Vorteil bei vier Zylindern ist hier, dass der Motor eine Flache Kurbelwelle haben kann und trotzdem eine gleichmäßige Zündfolge. Bei sechs Zylindern benötigt man aber eine Kurbelwelle mit einem Hubzapfenversatz von 120 Grad, um eine gleichmäßige Zündfolge zu erreichten, was schwieriger in der Herstellung ist.

Bei V-Motoren Stehen die Zylinder in zwei Zylinderbänken, welche zueinander in einem Winkel stehen. Dieser macht es schwieriger, den Zündversatz gleichmäßig hinzubekommen, da bei einem V-Motor jeweils die Pleuel zweier gegenüberliegender Pleuel auf dem gleichen Hubzapfen stehen. Diese Bauweise spart jedoch Platz in der Länge, und der Motor an sich hat eine größere Querschnittsfläche, was bei der modernen Monocoque-Bauweise von Vorteil ist, da der Motor dann größere mechanische Lasten aus dem Chassis aufnehmen kann, ohne dass ein Hilfsrahmen benötigt wird.

Eine Sonderform, die nur von Porsche und Subaru verwendet wird ist der Boxermotor. Wie beim Reihenmotor hat hier jeder Zylinder seinen eigenen Hubzapfen, aber die Zylinder sind trotzdem in zwei Bänken angeordnet und können so in Längsrichtung näher zusammenrücken. Durch die gegenüber liegenden Zylinder (180-Grad-Zylinderwinkel) und die gegenläufig arbeitenden Kolben, gelingt es weitestgehend, die Massenkräfte auszugleichen, was die Belastungen für angrenzende Komponenten deutlich senkt. Ein weiterer Vorteil ist in der Theorie ein niedriger Schwerpunkt. Dieser kann heute aber nur noch selten ausgespielt werden, da insbesondere die Außenseiten des Unterbodens eine Spielwiese der Aerodynamiker sind, und der Motor weiter nach oben Rücken müsste, um Platz für die Diffusoren zu schaffen.