Gemäß der am Freitag bekannt gegebenen neuen Klassenstruktur der vereinten Serie von ALMS und Grand-Am sollen die Klassen der LMP2 und der DP die Speerspitze gemeinsam übernehmen. Doch die Unterschiede zwischen den Konzepten sind sehr groß, sodass die Anpassung sich schwierig gestaltet.
Was schon lange gemunkelt wurde, wird gemäß dem, was gestern bekannt gegeben wurde, nun Realität. Die Klassen der LMP2 und der Daytona-Prototypen werden gemeinsam die Speerspitze der neuen, vereinigten Serie bilden. Die Anpassung der beiden doch sehr unterschiedlichen Konzepte dürfte jedoch sehr schwer fallen.
Allein der Vergleich der Rundenzeiten auf den von beiden Serien befahrenen Strecken genügt, um einen Zeitvorteil von zirka fünf Sekunden pro Runde festzustellen, den LMP2 gegenüber DP genießen. Sogar die LMPC und Teile des GT-Feldes sind schneller oder gleichschnell wie die Daytona-Prototypen. Allerdings muss man hierbei gestehen, dass die Reifen der LMP2 denen der DP auch deutlich überlegen sind, sodass entweder über Einheitsreifen oder passende neue Konstruktionen eine Anpassung denkbar wäre.
Bei gemeinsamen Tests von Conquest Racing mit den Daytona-Prototypen auf dem Daytona-Motor-Speedway im November war der Zeitvorteil des LMP2 gemäß inoffiziellen Quellen nicht so gewaltig. Allerding rollte der LMP2 auf dem Grand-Am-Reifen und war vermutlich noch nicht sauber auf die Anforderungen des Ovals abgestimmt, da dies die erste Ausfahrt eines LMP-Fahrzeugs in Daytona seit gut zehn Jahren war.
Gemeinsam: Serienmotoren als Grundlage
Beiden Klassen gemein ist die Tatsache, dass die Motoren als Grundlage einen Serienmotor haben, der mehr oder weniger stark modifiziert wird. Im Falle der DP stammen diese aus den Häusern Ford, BMW und Corvette. Die Triebwerke der LMP2 stammen wiederum von Nissan und Honda. Es gibt aber auch ein Angebot von Judd, welches auf einem BMW-Motor basiert.
Im LMP2-Trimm entwickeln die Motoren etwa 450 PS – rund 100 PS weniger als die Rennmotoren der großen Brüder aus der LMP1. Bei den Daytona-Prototypen erreichen die Motoren etwa 500 PS. In beiden Fällen sind die Motoren durch Restriktoren begrenzt, sodass es möglich wäre, den Nachteil der DP in Sachen Abtrieb durch ein Plus an Motorleistung auszugleichen. Infolgedessen würden die Fahrzeuge jedoch auch schwieriger zu fahren sein.
Eingeschränkte Entwicklung
Bei den DP war Entwicklung nie erwünscht. Bei den Daytona-Rennern wird alle paar Jahre ein neues Chassis eingeführt, eine Entwicklung des Chassis während der Saison ist jedoch nicht erlaubt. Einzig das Setup kann also variiert werden. Die Anpassung der einzelnen Fahrzeug-Motor-Kombinationen, um ein enges Feld zu erreichen, erfolgt dabei immer am Anfang des Jahres beim „Roar before the Rolex 24“, das in diesen Tagen in Daytona stattfindet.
Seit 2011 ist auch bei den LMP2 die Entwicklung enorm eingeschränkt, um im Zuge des eingeführten Kostendeckels zu verhindern, dass ein Hersteller ein günstiges Basisfahrzeug mit horrenden Updatekosten refinanziert. So ist lediglich pro Jahr eine Anpassung an etwaige Regeländerungen sowie ein Updatepaket erlaubt. Eine Ausnahme gibt es lediglich für Le Mans. An der Sarthe darf ein spezielles Aerodynamikpaket verwendet werden. Eine Balance of Performance wie bei den GT3 oder den DP findet aber nicht statt.
Chassis: Carbon-Monocoque versus Stahlrahmen
Betrachtet man das Chassis, so werden die Unterschiede zwischen den beiden Konzepte am deutlichsten. Zum einen sind LMP deutlich länger und auch breiter als die DP. Zum anderen sind die beiden Prototypen vollkommen anders aufgebaut. LMP sind ähnlich wie Formelfahrzeuge heutzutage als Monocoque aufgebaut, bei denen die tragende Struktur aus ganzen Flächen gebildet wird. Während die DP noch auf dem Niveau der siebziger Jahre mit Stahlrahmen unterwegs sind. Dies hat zur Folge, dass vor allem die Steifigkeit der LMP deutlich höher ist, was zum einen eine bessere Kontrolle der Räder über die Federn zulässt, zum anderen aber auch eine höhere Sicherheit für den Fahrer garantiert, sollte es doch zum Crash kommen.
Die DP sind sichtbar kürzer und wirken dadurch höher. Außerdem sorgt die recht steile, kurze Front für eine etwas plattgedrückt wirkende Optik. Vorteil des Stahlrahmenkonzeptes ist es aber, dass Reparaturen am DP, auch am Rahmen, wesentlich einfacher sind. Demnach kann die Ausbesserung auch von qualifiziertem Personal an der Strecke vorgenommen werden, wohingegen ein LMP nach einem heftigen Crash zu Reparaturen und Untersuchungen in spezielle Werkstätten muss.
Aerodynamik als wichtiger Unterschied
Ein Grund für die Entwicklung der Daytona-Prototypen war, das LMP besonders auf den Steilkurven von Daytona sehr hohe Geschwindigkeiten erreichten, da häufig ein Setup ähnlich jenem aus Le Mans gefahren wurde. Dies bedeutete weniger Abtrieb, der ja in den Steilkurven nicht benötigt wird und damit weniger Luftwiderstand. Dass es alles andere als sicher ist, mit 350 km/h, im Falle eines LMP2 vermutlich immer noch gut 310-320 km/h an einer Betonmauer entlang zu fahren leuchtet ein.
Auf Straßenkursen und normalen Rennstrecken bietet ein LMP2 jedoch deutlich mehr Abtrieb als ein DP, der sich bis auf einen kurzen Splitter mit seinem eher kleinen Heckflügel beschränken muss. Gleichzeitig ist, bedingt auch durch das recht breite Cockpit der DP, der Luftwiderstand der vergleichsweise hoch. Trotz 50 PS mehr Leistung ist die Höchstgeschwindigkeit eines DP nur geringfügig höher als die eines auf viel Abtrieb getrimmten LMP, die Kurvengeschwindigkeit des LMP ist aber deutlich höher.
Anpassung dürfte schwierig werden
Aufgrund der doch eklatanten Unterschiede wird es nicht leicht die beiden Konzepte anzupassen. Die Aerodynamik eines DP auf das Niveau eines LMP2 anzuheben, dürfte nicht nur eine Menge Geld verschlingen, sondern wird auch den Nachteil in den Kurven nicht komplett verschwinden lassen. Wohl aber wird es die Höchstgeschwindigkeit senken. Dabei könnte man jedoch mit mehr Motorleistung nachhelfen. Auch dies erfordert aber Entwicklungsarbeit auf dem Prüfstand, um die Motoren auf die neuen Restriktoren anzupassen.
Die Aerodynamik der LMP2 derart einzuschränken, dass diese vom Abtriebslevel en par mit den DP sind dürfte ebenfalls schwierig werden. Schließlich sind die Splitter und Diffusoren und so weiter integraler Bestandteil der Fahrzeuge sind und es vermutlich sehr schwierig wird, die Änderungen zu balancieren, damit das Fahrzeug nicht unfahrbar wird. Auch wird es dann für die Teams anspruchsvoll, eine zumindest in den nächsten Jahren immer noch ausgesprochene Einladung nach Le Mans anzunehmen, wenn man das Fahrzeug dann wieder komplett auf ACO-Regeln umrüsten müsste.
Balance of Performance müsste überdacht werden
Auch die bisherige Praxis die Balance of Performance in Daytona auszutragen, dürfte aufgrund der stark unterschiedlichen Konzepte nicht mehr aufgehen. Denn die Anforderungen an die Fahrzeuge sich immens von denen auf „normalen“ Rennstrecken unterscheiden. Die Organisatoren könnte aber eventuell die ebenfalls traditionellen Tests der ALMS in Sebring nutzen, um für das Halboval von Daytona und die folgenden Rennstrecken die jeweils passende BoP zu finden.
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