Am ersten Tag des Roar before the Rolex in Daytona gaben die Verantwortlichen von Grand-Am und ALMS die langerwartete Klassenstruktur ab der Saison 2014 bekannt. Große Überraschungen gab es aber nicht, es war mehr oder weniger eine Bestätigung der Gerüchte.
Grand-Am und ALMS haben den nächsten Schritt in Richtung Fusion gemacht: Die Einteilung der Klassen ist so gut wie fertig. Nun müssen die einzelnen neuen Kategorien nur noch benannt werden – genauso wie die ganze Langstreckenserie. Sein Debüt wird das neue Klassenkonzept bei den 24 Stunden von Daytona im Januar 2014 haben.
Gültigkeit wird die ausgearbeitete Struktur dann für die Jahre 2014 und 2015 haben. Es ist also auch nur vorläufig – von vielen wird erwartet, dass die Grand-Am-Verantwortlichen nach der Saison 2015 die Le-Mans-Sportwagen ganz aus Nordamerika verbannen werden. Damit wäre auch ein gemeinsamer Auftritt mit der Sportwagen-Weltmeisterschaft in Daytona oder Sebring, was noch vor ein paar Monaten vom ACO als Wunsch geäußert wurde, ad acta gelegt.
DP und LMP2 als Speerspitze
Mit Ausnahme der LMP1 werden alle bislang bestehenden Klassen beider Serien übernommen, jedoch etwas umgruppiert und von der Performance angepasst. Dass dies die Organisatoren aber vor große Probleme stellen wird, sieht man schon an der geplanten Top-Prototypen-Klasse. Mit dem Wegfall der LMP1 bleiben nur DP und LMP2 als große Prototypen übrig. Diese werden in einer Kategorie zusammengefasst.
Doch genau an dieser Stelle beginnt das Problem: Man muss die Autos beider Klassen auf ein Niveau bringen. Das Zauberwort dazu lautet Balance of Performance. Wie gut – oder eher schlecht – diese, abgekürzt BoP, funktioniert, hat man in diesem Jahr vor allem im ADAC GT Masters gesehen. Fast in jedem Rennen war ein anderes Auto benachteiligt, noch vor Ende der Saison beendeten Reiter Engineering, Schulze Motorsport und Grasser Racing ihre Engagements.
Aber zurück in die USA. Die große Frage ist nun: Bremst man die LMP2 ein oder gibt man den DP mehr Leistung? Mit der reinen Leistungsbegrenzung – beispielsweise mit Restriktoren – ist es aber nicht getan. Allein von der Konzeption sind die Prototypen sehr unterschiedlich. Während ein LMP2 mehr auf Abtrieb getrimmt ist, sind die DP in der Höchstgeschwindigkeit unschlagbar.
Gentlemen-Fahrer weiterhin in der LMP2?
Im Schnitt muss nämlich ein Geschwindigkeitsunterschied von fünf Sekunden pro Runde kompensiert werden. Als Vergleich kann man die Rennen in Mid-Ohio oder Laguna Seca zu Rate ziehen – beide Kurse wurden 2012 von beiden Serien gefahren und es herrschte etwa gleiches Wetter. In Ohio fuhren Christophe Bouchut und Scott Tucker in 1:13,230 Minuten auf die Poleposition, Jon Fogarty und Alex Gurney brauchten in der Grand-Am dafür 1:18,079 Minuten. Derselbe Unterschied in Kalifornien: DP-Fahrer Antonio García und Richard Westbrook brauchten 1:21,042 Minuten; Tucker, Bouchut und Franck Montagny 1:15,846 Minuten.
Eine weitere ungeklärte Frage ist die nach den Fahrern, welche nicht unerheblich für den Rennverlauf ist. Während in der Grand-Am reine Profi-Besatzungen erlaubt sind – siehe Antonio García und Richard Westbrook aus dem Corvette-Werkskader – muss in einem LMP2 ein Bezahlfahrer am Lenkrad drehen. Dass diese nicht unbedingt langsam sind, sah man 2012 an David Heinemeier-Hansson und Scott Tucker, doch die konstant schnellen Zeiten ihrer Profi-Kollegen Martin Plowman und Christophe Bouchut erreichten sie nicht.
Weniger Kopfzerbrechen bereitet da der Prototypen-Unterbau. Dieser wird die bekannte LMPC-Klasse sein. Aber auch der Oreca-FLM09-Markenpokal müsste eingebremst werden, da sie schneller als ein DP sind. Dies gestaltet sich jedoch deutlich einfacher als bei DP und LMP2, da jedes Team identisches Material hat und man somit generell jeden Wagen um ein paar Sekunden verlangsamen könnte.
GT-Klassen bleiben unangetastet
Neben den Prototypen sind auch die GT wieder wichtiger Bestandteil des Feldes. Um sich BoP-Arbeit und vor allem Ärger zu ersparen, haben sich die Organisatoren dazu entschieden die Klassen nicht zu fusionieren. Einzig die GTC wird zu den Grand-Am-GT addiert, allerdings sind diese Autos bereits auf demselben Niveau unterwegs.
Was den Grand-Am-Chefs aber noch nicht gefallen dürfte ist die aktuelle Performance der GT. Nimmt man wieder die Ergebnisse aus Mid-Ohio und Laguna Seca zur Hand, sieht man, dass die Polesitter Jörg Müller und Bill Auberlen (BMW Team RLL/1:19,298 Minuten) respektive Adrian Fernandez, Darren Turner und Stefan Mücke (Aston Martin Racing/1:22,229 Minuten) so schnell waren wie ein DP.
Eine andere Frage ist die nach den Starterzahlen in beiden GT-Klassen. In der Saison 2012 waren zwölf, später 14, GT in der ALMS gemeldet, in der Grand-Am waren es 17. Allein das würde ein Feld von über 30 Autos ergeben, sollten alle Teams weiter antreten. Dazu würden – ausgehend vom vergangenen Jahr – noch zehn DP, vier LMP2 und im Schnitt sieben GTC kommen. Zusammen wären dies über 50 Autos und damit mehr als in der Sportwagen-WM. Auf Strecken wie der Road America kein Problem, aber wie eng es mit 50 Autos auf der Road Atlanta ist, hat man 2011 gesehen, einen Versuch im Lime Rock Park sollte man erst gar nicht wagen.
Am unteren Ende der Liste bleibt noch die neue GX-Klasse übrig. In den Büros der Grand-Am und ALMS ist man sich noch nicht sicher, wo man die aus Mazda 6, Porsche Cayman und Lotus Evora bestehende Kategorie einordnen soll. Eine Möglichkeit wäre, sie zur Grand-Am-GT hinzuzufügen. Damit stellt man aber die Notwendigkeit der GX selbst in Frage. Andererseits könnte sie auch als fünfte Klasse eigenständig bleiben.
Insgesamt lässt die neue Serie aber noch immer auf einen recht chaotischen Rennverlauf schließen, daran kann die Klassenstruktur nichts ändern. Auch wenn man die Prototypen von den Rundenzeiten her angleicht, so bremsen die DP die LMP2 in den Kurven aus, während sie dann auf den Geraden vorbeifliegen – und das mit einem ALMS-GT am Heck, der Gerüchten zufolge einem DP ein paar Kilometer pro Stunde abnehmen kann. Dieser Kampfgruppe stehen dann auch noch ein paar LMPC, eine ganze Horde Grand-Am-GT, GTC und GX im Weg herum.
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