Audi und Peugeot duellierten sich auf den Pisten Europas. Das GT3-Konzept hat sich als zweischneidiges Schwert erwiesen. ACO und SRO wollen ihre Weltmeisterschaften etablieren. Seit der Gründung des Magazins SportsCar-Info wurden einige Reifen ins Rollen gebracht. Ein Resümee nach fünf Jahren.
SportsCar-Info feiert sein fünfjähriges Bestehen. Zweifelsohne eine Gelegenheit, um einen kurzen Augenblick innezuhalten, um das vergangene halbe Sportwagen-Jahrzehnt Revue passieren zu lassen. Schließlich bleibt auch die Rennsportgemeinde von der Schnelllebigkeit der heutigen Zeit nicht verschont. Just ist die zurückliegende Saison mit Veranstaltungen in Brasilien und Australien ausgeklungen, werfen die 24-Stunden-Rennen in Dubai und Daytona bereits ihre Schatten voraus. Ergo fällt das Resümee von fünf Jahren SportsCar-Info angesichts der zahlreichen Ereignisse vergleichsweise kurz aus.
In einer Nacht-und-Nebel-Aktion zum 1. Januar 2008 wurde auf Basis der Fotoseite „Race & Fun“ das Sportwagen-Magazin SportsCar-Info gegründet. Freilich hat sich das Gesicht der Redaktion im Laufe der letzten halben Dekade mehrfach verändert. Im Kern ist die Idee jedoch dieselbe geblieben: eine heterogene Gruppe von Schülern, Studenten und Berufstätigen, welche sich der semiprofessionellen Berichterstattung im Bereich Sportwagen und Langstrecke widmet.
Eine wachsende Leserschaft honoriert unsere Bemühungen, die Geschehnisse an der Rennstrecke in Wort und Bild festzuhalten. Im folgenden Fünf-Jahres-Rückblick haben wir noch einmal wichtige Vorkommnisse aus der Welt der Sportwagen aufgegriffen.
2008: Wettstreit der Werke
Die Saison 2008 begann mit einem Paukenschlag. In einem Kommuniqué zu Jahresbeginn kündigte Audi an, sich Peugeot in der LMS-Meisterschaft zu stellen. Die Weichen für ein Werksduell zwischen den Konstrukteuren aus Ingolstadt und Paris waren gestellt. Obzwar die Löwen inbrünstig brüllten, hatten jedoch die Audianer letztendlich den längeren Atem. Peugeot gewann die Rennen in Barcelona, Monza, Spa-Francorchamps und auf dem Nürburgring. Audi triumphierte dagegen beim prestigeträchtigen 24-Stunden-Rennen von Le Mans und wendete schließlich den LMS-Titelkampf beim Finale in Silverstone.
Während die Tabellenführer Nicolas Minassian und Marc Gené beim Abschlussrennen in zwei Kollisionen verwickelten wurden – unter anderem mit Audi-Kontrahent Allan McNish – schnappten sich Alexandre Prémat und Mike Rockenfeller den Laufsieg. Damit reüssierten die Herren der Ringe auf leisen Sohlen in der Fahrer- und Teamwertung. Peugeot stand am Ende des Jahres wiederum mit leeren Händen da.
Jenseits des Atlantiks musste sich Audi indes gegen zwei andere Hersteller behaupten. Während die Joest-Truppe in Europa die vier Ringe hochhielt, focht die US-amerikanische Audi-Abordnung Champion Racing mit den Acura-Rennställen und der Porsche-Delegation Penske Racing um Gesamtsiege im ALMS-Championat. Pflichtgemäß schnappte sich Audi in der LMP1-Kategorie außer Konkurrenz den Meistertitel; in der LMP2-Division setzten sich die Zuffenhausener gegen das Honda-Dreigestirn Highcroft, Andretti und Fernández durch.
In den Niederlanden erlebte unterdessen die Dutch Supercar Challenge nochmals eine Blütezeit, ehe auch die Benelux-Region die GT3-Welle erfasste. Noch vor Saisonstart erreichten die Organisatoren des GT- und Tourenwagen-Wettbewerbs eine Meldeflut von weit mehr als hundert Nennungen. Darum beschlossen die DSC-Veranstalter, das Teilnehmerfeld fortan in zwei Gruppen zu unterteilen. Diese zweigliedrige Struktur wurde bis heute beibehalten.
2009: GT3-Invasion in der Grünen Hölle
Im Jahr 2009 fasste die GT3-Klasse schließlich auch auf der Nordschleife Fuß. Zur neuen Saison wurden in der SP9-Wertung Rennvehikel der Gruppe GT3 zugelassen, woraufhin insbesondere Audi Morgenluft witterte. Die Ingolstädter kreuzten mit einem Großaufgebot beim 24-Stunden-Rennen auf und sendeten bereits bei einigen VLN-Wertungsläufe Warnsignale. Doch die vier R8 LMS starke Flotte scheiterte an der gewieften Manthey-Truppe.
Schlussendlich errangen Timo Bernhard, Marc Lieb, Romain Dumas und Marcel Tiemann im knallgelben Porsche 997 GT3 RSR den dritten Gesamtsieg en suite. Das Audi-Flaggschiff mit der Besatzung Christian Abt, Jean-Francois Hemroulle, Pierre Kaffer und Lucas Luhr musste hingegen mit der Silbermedaille vorliebnehmen. Nichtsdestotrotz: das Konzept GT3 hatte sein zukunftsträchtiges Potenzial unter Beweis gestellt.
Mintgen Motorsport vertraute bereits auf das Dodge Viper Competition Coupé, Alpina trat mit seinem froschgrünen B6-Renner an, und Porsches Cup-Modelle sind sowieso omnipräsent. Schon im Folgejahr wechselte Schubert Motorsport auf den BMW Z4 GT3; zum Saisonende feierten gar die Sternenkrieger ihre Rückkehr in die Sportwagenbranche. Christopher Haase und Thomas Jäger gewannen mit dem Mercedes-Benz AMG SLS GT3 das 34. DMV 250-Meilen-Rennen – beim zweiten VLN-Einsatz des nagelneuen Silberpfeils.
Drei Wochen nach dem Eifel-Marathon ernte Peugeot im Département Sarthe endlich die Früchte seiner Arbeit. Im dritten Anlauf entthronten die Löwen bei den 24 Stunden von Le Mans Seriensieger Audi und zelebrierten einen triumphalen Doppelsieg. Marc Gené, Alexander Wurz und David Brabham siegten vor Stéphane Sarrazin, Sébastien Bourdais und Franck Montagny. Die französische Krone des Motorsports wanderte nach zwei Dezennien wieder nach Paris. Damit war die Ära der Audi- und Bentley-Jahre vorerst beendet.
2010: Geburtsstunde der GT-Weltmeisterschaft
Im Jahr 2010 wurde Stéphane Ratels langersehnter Traum Realität: Mitte April schlug in Abu Dhabi die Geburtsstunde der FIA-GT1-Weltmeisterschaft. Doch alsbald wurden die Unkenrufe böser Zungen lauter und sprachen schon zum damaligen Zeitpunkt von einer Totgeburt. Faktisch wurde ein Provisorium durch ein anderes Provisorium ersetzt. Bereits die letzte Saison der FIA-GT-Meisterschaft wurde in Form eines Übergangsjahr gestaltet, als mit dem Ford GT und dem Nissan GT-R erste GT1-Fahrzeuge nach dem neuen Regelwerk integriert wurden. In der GT-WM-Debütsaison wurde das Starterfeld schließlich mit alten GT1-Rennwagen aufgefüllt. Ratel blieb dennoch standhaft.
Zeitgleich legte der ACO den Grundstein für seine eigene Weltmeisterschaft. Der Automobilklub des Westens organisierte in den Jahren 2010 und 2011 den Intercontinental Le Mans Cup, welcher sich aus den Meisterschaften ALMS, LMS und ASLMS zusammensetzte und zweimal von Peugeot gewonnen wurde. Allerdings zum Leidwesen der LMS-Meisterschaft, welche in puncto Starterzahlen zunehmend einknickte.
Apropos ALMS: In den Vereinigten Staaten wurde unterdes ebenfalls eine Umstrukturierung nötig. Nachdem im Vorjahr die GTC-Kategorie als Unterbau eingeführt wurde, beschloss die IMSA im Folgejahr, die Prototypenklassen LMP1 und LMP2 zusammenzulegen und die LMPC einzubinden. Dessen ungeachtet herrschte in der GT-Riege Hochkonjunktur: In der großen Grande-Touring-Wertung tummelten sich Fahrzeuge wie Ford GT, Jaguar RSR, Panoz Abruzzi und BMW M3.
Auf dem Nürburgring glückte Porsche beinahe die Sensation. Der Weissacher Traditionshersteller schickte beim 24-Stunen-Klassiker in der Vulkaneifel den Porsche 997 GT3 R Hybrid ins Rennen, pilotiert von Jörg Bergmeister, Richard Lietz, Marco Holzer und Martin Ragginger. Allerdings rollte das mobile Rennlabor, in Führung liegend, aufgrund einer defekten Ölpumpe mit einem kapitalen Motorschaden aus. Stattdessen beendeten Jörg Müller Augusto Farfus, Uwe Alzen und Pedro Lamy im BMW M3 GT2 die Porsche-Siegesserie und kletterten auf die oberste Podeststufe.
2011: Deutsche GT-Szene im Aufschwung
In der Saison 2011 führte die deutsche GT-Gemeinde einen regelrechten Quantensprung aus. Beim Auftakts des ADAC GT Masters in Oschersleben hatte sich das Fahrzeugfeld im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Vierzig GT-Renner wurden zum Aufgalopp in der Magdeburger Börde gemeldet. Sowohl die drei deutschen Automobilgrößen Porsche, Audi und Mercedes-Benz als auch die Marken Lamborghini, Corvette, Alpina, Dodge Viper und Ferrari waren präsent.
Selbst Stéphane Ratel besann sich im Jahr 2011 zu den Wurzeln des GT-Sports und veranstalte erstmals die Blancpain Endurance Series. Das Konzept deckte sich mit dem Format der BPR-Meisterschaft der neunziger Jahre. Das Reglement umfasste das Fahrzeugspektrum von GT2 bis GT4, die Renndistanz maß drei Stunden, und die Austragungsorte waren die Traditionsstrecken in Monza und Silverstone sowie die populären Kurse in Magny-Cours und Navarra. Als Sahnehäubchen wurde das 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps obendrauf gesetzt. Sollte die internationale GT-Szene eine Renaissance erleben?
Zwar musst die GT2-Klasse kurzerhand gestrichen werden, aber im Schnitt zählten die Starterfelder stets mehr als 30 Rennwagen. Im Gegensatz zu den Sorgenkindern GT1-WM und GT3-EM war die BES-Meisterschaft ein voller Erfolg. Auch im zweiten Jahr war das Fahrerlager bis zum Bersten gefüllt. Als nächstes Ziel hat Ratel gar das Ziel deklariert, das 1.000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring zu reanimieren.
2012: Wiedergeburt der Sportwagen-WM
Das Jahr 2012 stellte eine Zäsur im Langstreckensport dar. ACO und FIA widmeten sich der Herausforderung, die Sportwagen-Weltmeisterschaft wiederzubeleben. Auf Basis des ILMC wurde die Langstrecken-Weltmeisterschaft aus der Taufe gehoben. Obwohl die Szene bereits frühzeitig die Hiobsbotschaft erreichte, Peugeot müsse sein Le-Mans-Engagement einstellen, stemmten die Organisatoren die selbstgestellte Mammutaufgabe und in Sebring fiel schließlich der Startschuss. Im Fokus: die konkurrierenden Hybridsystem von Routinier Audi und Neueinsteiger Toyota.
Infolge einiger Startschwierigkeiten avancierte sich Novize Toyota peu à peu zum ebenbürtigen Gegner für Audi. Nachdem Audi einen unangefochtenen Triumph bei den 24 Stunden von Le Mans feierte, brachte Toyota den süddeutschen Konstrukteur in der zweiten Saisonhälfte massiv in Bredouille. Der pazifische Hersteller gewann die Läufe in São Paulo, am Fuji und in Shanghai. Dennoch krönten sich die Audianer André Lotterer, Benoît Tréluyer und Marcel Fässler zu den ersten Langstrecken-Weltmeistern.
Anderenorts geriet die Marke „Le Mans“ dagegen in eine Misere. Die umgetaufte ELMS-Meisterschaft litt unter akutem Teilnehmermangel. Nachdem der Aufgalopp in Le Castellet ein tristes Bild ergab, wurde der Lauf in Zolder abgesagt, die Saisonrunde im Donington Park wurde zur Katastrophe. Letzten Endes ließen die Verantwortlichen die Serie sukzessive ausbluten. Das Finale wurde gemeinsam mit der ALMS beim Petit Le Mans ausgetragen. Im nächsten Jahr wagt der ACO einen neuen Versuch.
Leidensgenosse Ratel musste seine Hoffnungen gleichermaßen begraben. Seine GT1-Weltmeisterschaft – die im Grunde nur eine nominelle GT1-WM war, denn sie wurde mit GT3-Autos bestritten und fand ausschließlich in Europa statt – musste im Laufe des Jahres umgestaltet und letztlich eingestampft werden. De facto hielt Ratel die Meisterschaft mit Finanzspritzen an diverse Rennställe künstlich am Leben, was erwartungsgemäß zum Aus führte. Doch Ratel riskiert den nächsten Anlauf mit der GT-Sprintserie im nächsten Jahr.
Derweil spitzten sich im nationalen GT-Sektor, im GT Masters und in der VLN, etliche Unstimmigkeiten zu. Die Causa „Balance of Performance“ wurde zum Apfel der Zwietracht. Einige Akteure erachteten die Fahrzeugeinstufungen, welche während der Saison vorgenommen wurden, als unangemessen. Das Reizthema sorgte unentwegt für Diskussionsstoff. Grasser Racing, Reiter Engineering und Schulze Motorsport waren letztendlich nicht gewillt, den Kelch bis zur bitteren Neige zu trinken, weshalb sie vorzeitig den Rückzug aus dem GTM antraten. Daher vermuten Kritiker hinter der Entscheidung des ADAC, das Starterfeld künftig zu limitieren, einen Versuch, einen möglichen Teilnehmerschwund zu kaschieren.
Überdies fasste die SportsCar-Info-Redaktion den Entschluss, zum Jahr 2012 die DTM als Ressort hinzuzufügen. Anlass waren die Gespräche der ITR mit den Veranstaltern der Super GT und der Grand-Am, die Proklamation seitens BMW und das Reglement, welche in Wahrheit einen Prototyp skizziert. Schlussendlich glückte BMW bereits auf dem Lausitzring die erste Poleposition und der erste Rennsieg. Am Ende reichte es für den Titelgewinn – eine Glanzleistung, wenngleich die Bayern den Vorteil genossen, ihren Boliden bereits nach den neuen Regularien zu entwickeln.
Zudem erfolgte in der Tat der Schulterschluss mit der GTA, der eine Zusammenarbeit zwischen DTM und Super GT vorsieht. Die Grand-Am verkündete stattdessen eine Fusion mit der ALMS, um in Zukunft gemeinsam eine nordamerikanische Sportwagen-Meisterschaft auszutragen. Das neue Regelwerk tritt aber der Saison 2014 in Kraft – gegenwärtig steht die Spekulation im Raum, LMP2 und DP würden zusammengelegt.
Dieses kurzgehaltene Resümee demonstriert welch ereignisreiche Rennsportjahre ins Land gegangen sind. Innerhalb einer halben Dekade wurde eine GT-WM ins Leben gerufen und wieder zu Grabe getragen. Die LMS-Meisterschaft erlebte schillernde Jahre und geriet in eine Abwärtsspirale. ALMS und Grand-Am spannen zusammen. FIA und ACO wagten einen historischen Schritt. Und über den deutschen Championaten GTM und VLN schwebt das Fragezeichen: GT3 – Fluch oder Segen? Man darf gespannt sein, was die nächsten fünf Jahre bringen. In diesem Sinne …
Einen guten Rutsch in die Motorsportsaison 2013 wünscht
(Maximilian Graf)
An dieser Stelle eine Danksagung an die gesamte Leserschaft und jedermann, der sich in irgendeiner Form an dem Projekt beteiligt hat.
Redaktion: Daniel Stauche, Fabian Stein, Felix Bayer, Ralf Kieven
Ehemalige Redakteure: Alexander Müller, Andreas Schmid, David Heimann, Dominic Schäfer, Fabian Wilkening, Felix Hensel, Maurice Stuffer, Heiko Stritzke, Yannick Bitzer
Umfeld: Christoph Kragenings (Schreiberling), Horst Bernhard (Fotograf), Jan Kriebel (Evocars-Magazin.de), Manfred Muhr (Fotograf), Manuel Sperl (adrivo Sportpresse GmbH), Norbert Kratz (Fotograf), Thomas Diefenhardt (race-media.tv), Walter Graf (allgemeine Unterstützung)
Gastbeiträge: Daniel Spaar (Fotograf), Danica Schaub (Fotografin), Eike Funke (Fotograf), Ernst Berg (Fotograf), Florian Schust (Fotograf), Harald Gallinnis (GT-Eins.de), Jan Hettler (Fotograf), Jürgen Ruhrmann (Fotograf), Rolf Thieme (Fotograf), Sören Herweg (Fotograf/Schreiberling), Stefan A. Volk (Grand-Am.de), Tobias Ax (Fotograf)
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