City Challenge in Baku: International besetztes GT3-Stadtrennen

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Man nehme eine Großstadt, erbaue dort einen Stadtkurs, lasse dort GT-Sportwagen antreten und verfeinere dies mit einem umfangreichen Rahmenprogramm aus Musik und Unterhaltung: Dies ist das Rezept der City Challenge. Dass es funktioniert zeigte die Veranstaltung im aserbaidschanischen Baku.

Wer bei Aserbaidschan und der Hauptstadt Baku zunächst an den Eurovision Song Contest und nicht an Motorsport denkt, dürfte zur überwiegenden Mehrheit gehören. Und dennoch fand dort am letzten Wochenende ein organisatorisch und sportlich ernst zu nehmenden Rennwochenende mit internationaler Beteilung statt – zwar drei Wochen später als angekündigt, aber ansonsten ohne größere Probleme und mit 24 GT-Fahrzeugen auf der Meldeliste.

Bereits 2007 und 2008 wurde das Konzept der City Challenge in der rumänischen Hauptstadt Bukarest als Lauf der FIA-GT-Meisterschaft ausgetragen. 2009 wurde die Veranstaltung abgesagt und auf den Hungaroring verlegt. In der Folge blieb es ruhig um die City Challenge bevor beim diesjährigen 24-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps die Veranstaltung in Baku angekündigt wurde.

Gran Turismo, historische Formel 1, Drifting und viel Drumherum

Hinter der City Challenge steht eine deutsche Gesellschaft, die sich um alle Vorbereitungen und die Organisation vor Ort kümmerte. Rund um das Regierungsgebäude am Ufer des Kaspischen Meeres wurde mit 1.500 Betonblöcken ein knapp zwei Kilometer langer Stadtkurs mit 16 – zumeist im 90-Grad-Winkel angeordneten – Kurven konstruiert.

Auf der Strecke traten drei verschieden Fahrzeugklassen in eigenen Rennen an: Die GT-Fahrzeuge, historische Formel-1-Fahrzeuge und Drifter. Dazu gab es um die Strecke herum Shows, Musik und Familienunterhaltung bei sonnigen 20 Grad Celsius.

Im Mittelpunkt stand das GT-Feld, das überwiegend aus GT3-Fahrzeugen bestand und mit zwei Dutzend Fahrzeugen quantitativ gut besetzt war. Die teilnehmenden – überwiegend deutschsprachigen – GT-Teams gehörten zur europäischen Spitze: Heico Motorsport (zwei Mercedes-Benz AMG SLS), Hexis Racing (zwei McLaren MP4-12C), Mühlner Motorsport (zwei Porsche 911 GT3 R) und Vita4One (drei BMW Z4). Dazu weilten noch sieben Cup-Porsche in Baku. Medienwirksam traten neben den GT-Experten auch Formel-1-Weltmeister Jacques Villeneuve, Jos Verstappen und DTM-Urgestein Bernd Schneider an.

Zwei Sprints und ein Hauptrennen: Hexis Racing macht weiter wie in der GT-WM

Die Fahrzeuge teilten sich wie gewohnt zwei Fahrer. Jeder der beiden fuhr eines der zwei Sprintrennen à 30 Minuten am Samstag allein. Aus diesen ergab sich die Startaufstellung für das einstündige Hauptrennen mit Fahrerwechsel und Boxenstopp am Sonntag.

Nach einigen Zwischenfällen im Training nahmen schließlich 21 Wagen die Sprintrennen auf. Frédéric Makowiecki im Hexis-McLaren gewann den ersten Lauf von der Poleposition aus. Porsche-Ass Sean Edwards verteidigte seinen zweiten Platz gegen Rob Bell im zweiten McLaren als dritter. Bester Vita4One-BMW war Frank Kechele auf Rang vier vor dem besten Mercedes mit Bernd Schneider auf Platz fünf. Im zweiten Sprint siegte Kechele-Partner Mathias Lauda vor den beiden Hexis-McLaren von Álvaro Parente (mit Bell) und Stef Dusseldorp (mit Makowiecki).

Das Hauptrennen gewannen Makowiecki/Dusseldorp souverän, doch um die verbliebenen Podestplatzierungen wurde intensiv gekämpft. Die BMW-Paarungen Kechele/Lauda und Yelmer Buurman/Nikolaus Mayr-Melnhof schenkten sich nichts und hatten letztlich Glück, das der McLaren von Bell/Parente auf Platz drei liegend ausfiel – ein weiteres Mal verhinderte ein technischer Defekt eine bessere Leistung. Edwards fuhr im Mühlner-Porsche die schnellste Rennrunde, wurde aber durch Strafen und einen langsameren Beifahrer nur als Siebenter klassifiziert. Die beiden Heico-Mercedes wurden Vierter und Fünfter. Von den 19 Startern blieben sieben in der Führungsrunde.

Der Beginn von etwas Großem?

Das Konzept der City Challenge soll mittelfristig zu einer eigenen Serie ausgebaut werden, die gerade in der europäischen Winterzeit den Rennbetrieb zwischen den Saisons aufrechterhalten soll. Wer aus dem Nichts ein Stadtrennen in Baku austragen lassen kann, wird dies auch fast überall auf der Welt können. Es hängt allerdings maßgeblich davon ab, wer bereit ist, für solch eine Veranstaltung zu zahlen.

Nach Angaben des Veranstalters waren fast 20.000 Besucher an der Rennstrecke: Eine ordentliche Zahl für ein Land fast ohne Motorsporttradition, aber kostendeckend sicherlich nicht. Nur wer zahlt für prestigeträchtige Rennen? Es bleibt zu hoffen, dass Motorsport nicht für politische Zwecke instrumentalisiert wird …

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