Laguna Seca: Sandkasten für Rennwagen

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Die ALMS bleibt im Bundesstaat Kalifornien, der Tross reist jedoch rund 550 Kilometer nach Norden. Ziel der Reisegruppe ist der Mazda Raceway Laguna Seca, wie der als „Laguna Seca“ bekannte Kurs offiziell heißt. Sechs Stunden Rennen zwischen den Dünen warten auf die Teilnehmer.

Inzwischen kann man das traditionelle Rennen in Laguna Seca nahe Monterey als „Nomadenrennen“ bezeichnen. Der seit der Gründung der ALMS 1999 ausgetragene Lauf war in den Anfangsjahren als einer der Letzten am unteren Ende des Kalenders zu finden. Ab 2004 war es gar der Saisonabschluss, der zu diesem Zeitpunkt von Audi dominierten Serie. Doch ab 2010 trat der Event eine Reise durch den Kalender der ALMS an. 2009 noch Saisonabschluss wurde das Rennen 2010 in den Mai verlegt, direkt hinter das Rennen in Long Beach und vor Le Mans. Im vergangenen Jahr hingegen wanderte es wieder zurück auf den vorletzten Platz vor das Petit Le Mans. Dieses Jahr findet es sich zurück an Position drei des zehn Rennen umfassenden Kalenders wieder.

Ebenso wie der Platz im Kalender änderte sich die Dauer des Rennens im Lauf der Zeit, allerdings kontinuierlich nach oben. Dauerte es bis einschließlich 2003 noch zwei Stunden und 45 Minuten, verlängerte sich die Distanz bis 2009 auf vier Stunden. Seit der Saison 2010 wird die halbe Sebring-Distanz von sechs Stunden gefahren.

Anlaufpunkt für internationale Rennserien

Die erste Nutzung des Geländes der heutigen „Wüstenachterbahn“ fand bereits 1867 statt und hatte rein gar nichts mit einer Rennstrecke zutun. Viele Jahre wurde auf der „Laguna Seca Ranch“ genannten Fläche Weide- und Pferdewirtschaft betrieben. Nachdem die in der Nähe gelegene Rennstrecke „Pebble Beach Road Races“ zu gefährlich wurde, begann man auf dem Gebiet der Ranch mit dem Bau eines neuen Kurses, dem „Laguna Seca Raceway“.

Nach dem ersten Rennen 1957 etablierte sich die Rennstrecke im internationalen Vergleich und zog seitdem viele renommierte Rennserien, sowohl für Motorräder als auch Autos, an. 1983 rückte als erstes die Champ Car Serie an, die bis 2004 jährlich gastierte. Fünf Jahre später – also 1988 – kam mit der Motorrad-WM die erste wichtige Motorradserie auf den Dünenkurs. Sie reiste jedoch bis 1994 lediglich sechsmal an. Seit 2005 ist die neue MotoGP willkommen, ebenso wie die Superbike-WM seit 1995. Ab 1999 ist die ALMS jährlich zu Gast.

„Corkscrew“ – die Kurve der Kurven

Zwar misst der Mazda Raceway Laguna Seca nur 3,6 Kilometer, weshalb sich die Rundenzeiten der Prototypen um die 1:10 Minuten bewegen. Doch diese 3,6 Kilometer haben es in sich und machen die Strecke unverkennbar.

Ein Markenzeichen sind die durchgängigen Kies- und Sandbetten entlang des Asphaltbandes. Somit wird jeder Ausrutscher härter bestraft als auf anderen Rennstrecken der Welt. Während Formel-1-Piloten auf den meisten Kursen über asphaltierte Auslaufzonen wieder zurück auf die Strecke gelangen, bleibt ein ALMS-Fahrer nach einem Fehler in Laguna Seca im Kiesbett stecken.

Doch damit nicht genug. Der Kurs liegt durch die Nähe zum Meer in einem unmittelbaren Windkorridor. Dieser beeinflusst weniger die Rennwagen, als den Sand rund um die Strecke. Er wird unkontrolliert auf die Strecke geblasen und verändert so ständig die Streckenbedingungen. Als Fahrer muss man sich also in jeder Runde auf andere Gripverhältnisse einstellen – insgesamt sechs Stunden lang.

Da dies allerdings immer noch nicht genug ist, befindet sich auf der Strecke eine der berühmtesten Kurven der Welt: die so genannte „Corkscrew“ (dt.: Korkenzieher)-Kurve. Sie schließt sich der „Rahal-Straight“ an und führt die Fahrer zur „Rainey Curve“. Auf der Rahal-Straight schießen die Fahrer mit hohen Geschwindigkeiten in einer langgezogenen Rechtskurve den Berg herauf. Am Ende der Gerade folgt der Anbremspunkt auf die Corkscrew, welcher durch eine Kuppe schwer zu treffen ist. Diese wiederum bedingt unterschiedliche Punkte für Prototypen und GT. Während die schnelleren LMP erst hinter der Kuppe bremsen müssen, heißt es für die GT bereits davor: „In die Eisen gehen!“ In einer 90-Grad-Kurve geht es nach links, woraufhin sich eine Abfahrt nach rechts anschließt. Deren Windung nach innen verdankt die Kurve ihren Namen.

Hochklassiges Starterfeld – Spannende Meisterschaft

Angesagt zum Sechs-Stunden-Event haben sich bislang 34 Fahrzeuge von 13 Herstellern, eingesetzt von 25 Teams. Neben den bekannten ALMS-Stammkräften sorgt weiterhin das Werksteam von Aston Martin bei den GT für internationales Flair.

Die GT ist wie gewohnt die mit zwölf Wagen am stärksten besetzte Klasse. Mit von der Partie sind die bekannten Teams Falken Tire, Paul Miller, Flying Lizard (alle Porsche), RLL (BMW), Extreme Speed (Ferrari), Alex Job (Lotus) sowie die genannte Aston Martin-Equipe – analog zur Starterliste in Long Beach.

Veränderungen gibt es hingegen in den anderen Klassen zu vermelden. Die großen LMP-Klassen müssen einen geringen Teilnehmerschwund hinnehmen. Bei den LMP1 bleibt der zweite Dyson-Wagen ebenso dem Event fern, wie bei den LMP2 der Black Swan Racing-HPD. In die andere Richtung entwickelt sich im Vergleich die Starterzahl bei den LMPC und GTC, also den beiden Cup-Klassen der ALMS.

In der Cup-Klasse LMPC für „kleine“ Prototypen gesellt sich Performance Tech Motorsports zur illustren Runde hinzu. Die GTC-Klasse für Porsche 911 Cup wird gar durch zwei Wagen von NGT Motorsports unterstützt.

Wie gewohnt holen sich einige Teams für die etwas längeren ALMS-Events einen dritten Fahrer. Dabei kauften sich einige Teamchefs international bekannte Rennfahrer ein. Darunter sind Ex-Peugeot-Pilot Franck Montagny bei Level 5 in der LMP2, Stefan Mücke bei Aston Martin Racing in der GT-Klasse, LMP2-Le-Mans-Sieger Tom Kimber-Smith für CORE Autosport in der LMPC und Martin Ragginger, Sean Edwards, Sebastiaan Bleekemolen sowie Nick Tandy für verschiedene GTC-Teams.

Zwar sind erst zwei von zehn Rennen absolviert, dennoch lohnt sich ein erster Blick in die Meisterschaftstabelle. Die wichtigsten Kategorien sind dabei zweifelsohne die LMP1- und die GT-Klasse. Bei den LMP1 ist der Abstand der Führenden so gering wie nur möglich – er beträgt genau null Punkte. Nach zwei Stationen der ALMS-Saison 2012 liegen Klaus Graf/Lucas Luhr und Guy Smith/Chris Dyson – also die Favoriten – punktgleich an der Spitze der Tabelle. Im Vergleich dazu ist der Punktabstand bei den GT geradezu komfortabel. Er beträgt zwischen den Titelverteidigern Dirk Werner/Joey Hand und den Corvette-Kutschern Oliver Gavin/Tommy Milner drei Punkte. Die restlichen Klassen sind hingegen nicht ganz so eng.

Eine erste Ausfahrt unternehmen die Teilnehmer am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) zu einer Testfahrt. Am Freitag schließen sich die beiden Trainings und die Qualifikation an, bevor das Rennen am Samstag startet.