Hafenkurs: Unter Palmen in Long Beach

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Der WEC-Tross ist aus den USA abgereist – zurück bleiben die ALMS-Teams, die sich zu Saisonstation zwei aufmachen: Long Beach, Kalifornien. Traditionell nach Sebring öffnet der Straßenkurs mit den charakteristischen Palmen seine Pforten.

Am kommenden Wochenende ist in Long Beach – wie jedes Jahr um diese Zeit – Ausnahmezustand. Die größte amerikanische Open-Wheeler-Serie, die Indy-Cars, haben sich angekündigt. Mit im Schlepptau ist die ALMS-Clique, die zu ihrem zweiten Saisonrennen aufläuft.

Dieses wird das erste Mal die Kräfteverhältnisse anno 2012 aufzeigen, wurden diese noch in Sebring durch die WEC durcheinandergewirbelt, welche knapp die Hälfte des Starterfeldes ausmachte. So hatten die Teams Muscle Milk und Dyson so gut wie keine Chance gegen die Diesel-Übermacht Audi. Aber auch die Benziner der LMP1 waren für die beiden einzigen nordamerikanischen LMP1-Teams nur schwer abzufangen.

Ähnlich erging es Level 5 in der LMP2, die sich jedoch lediglich den Landsmännern von Starworks mit identischem Material geschlagen geben mussten. Ebenfalls mit WEC-Teilnehmern hatten RLL-BMW, Corvette, Flying Lizard-Porsche und Extreme Speed-Ferrari zu kämpfen, allerdings gelang es je einem BMW und einer Corvette diese niederzuringen und die Plätze eins und zwei bei den GT zu erreichen.

Palmen und Strandatmosphäre

Long Beach ist eine Stadt mit rund 462.000 Einwohnern, damit zweitgrößte Stadt Kaliforniens, im Speckgürtel von Los Angeles. Das Stadtgebiet reicht bis an den Pazifik und wird im Süden durch einen großen Strandabschnitt begrenzt.

In diesem Abschnitt liegt auch der größte Wirtschaftsfaktor der Stadt: der Hafen. Er ist mit 66 Millionen Tonnen Umschlag pro Jahr der zweitgrößte der USA. Genau in diesem Hafengebiet werden alljährlich ein paar Straßen abgesperrt und zu einer Rennstrecke umfunktioniert. Dieser weist ein paar charakteristische Merkmale auf, wie die gebogene Start-und-Ziel-„Gerade“ und die parallel dazu verlaufende Boxengasse. Ebenfalls bekannt ist der Parkplatz am Ende der Strecke, der durchfahren werden muss um wieder auf Start-Ziel zu gelangen. Gesäumt wird der Kurs von hohen Palmen, welche den Long Beach Street Circuit unverwechselbar machen.

Erstmals aufgebaut wurde die Rundstrecke 1975, damals für die Formel 1. Seit 1984 trug die Champ Car-Serie, der Vorgänger der Indy Cars, seine Rennen in Long Beach aus. Seit 2009 sind die Indy Cars zu Gast. Mit von der Partie ist außerdem seit 2007 die American Le Mans Series.

Volles Starterfeld

Insgesamt sind 35 Wagen für das Long-Beach-Wochenende gemeldet, was auf nur 3,1 Kilometern Strecke sehr eng werden kann. Dies bedeutet gleichzeitig einen Starterrekord. Es wird in den üblichen Klassen für Prototypen (LMP1, LMP2 und LMPC) und GT (GTE und GTC) gestartet.

Mit von der Partie sind die Rennsieger des vergangenen Jahres Muscle Milk Racing, mit gleicher Besatzung aber einem neuen Gefährt: dem HPD ARX-03a, der sich bereits in Sebring präsentierte. Muscle Milk gibt es natürlich nicht ohne die Erzkonkurrenz von Dyson Racing, welche sie gleich doppelt sehen. Dies liegt jedoch nicht an einer Sehschwäche der Mannschaft um Greg Pickett, sondern daran, dass Rob Dyson wieder zwei LMP1-Renner an den Start bringt. Gefahren werden diese vom Stammduo Chris Dyson und Guy Smith sowie den Neuzugängen Eric Lux und Michael Marsal.

Nachdem das LMP2-Feld im vergangenen Jahr sehr mau war, tritt es 2012 etwas gestärkter auf. Immerhin vier Wagen sind gemeldet: Zwei von den Titelverteidigern Level 5 und je ein Wagen von Conquest Endurance und Black Swan Racing. Für BSR ist es der erste Renneinsatz eines LMP2, nachdem sie im vergangenen Jahr die GTC gewannen. Der Wagen, den sie einsetzen, ist das letztjährige Gefährt von Level 5.

Nicht zu übertreffen ist die alljährliche Action bei den GT-Akteuren. In diesem Jahr gehen zwölf Wagen in den Kampf um die GT-Krone, welcher zum Teil mit voller Härte und spektakulären Manövern geführt wird. Alle Teams werden mehr oder weniger werksunterstützt und gehen somit mit bester Ausrüstung ins Rennen. Jeweils mit zwei Wagen reisen Corvette Racing, Rahal Letterman Lanigan (BMW), Extreme Speed (Ferrari) und Flying Lizard (Porsche) an. Dazu kommen die Ein-Wagen-Mannschaften Falken Tire, Paul Miller (beide Porsche), Aston Martin Racing und Alex Job Racing, die die erste Ausfahrt als Lotus-Team machen.

Spannende Rennen, knappe Zieleinläufe

Die beiden deutschen Klaus Graf und Lucas Luhr haben mit ihrem Muscle Milk-HPD die Chance, Geschichte in Long Beach und der ALMS zu schreiben. Bislang hat es noch kein einziges Team geschafft zwei Siege hintereinander auf dem Stadtkurs zu feiern. Den Sieg im letzten Jahr holten die beiden unter Gelb, was ebenfalls sehr selten in der ALMS ist.

Alles andere als neu wäre hingegen ein HPD-Sieg. Insgesamt würde es innerhalb von vier Jahren der dritte Sieg sein, einmal – nämlich 2011 – gewann ein Aston Martin. 2010 rang Simon Pagenaud Adrian Fernandez um 0,3 Sekunden nieder. Im Jahr zuvor gewannen Gil de Ferran und eben jener Simon Pagenaud.

Solche engen Abstände im Ziel sind hingegen keine Besonderheit auf der kalifornischen Rennstrecke. Insgesamt beträgt der Abstand der Gesamtsieger vor den jeweils zweiten lediglich 4,093 Sekunden, was einen Wert von rund einer Sekunde pro Rennen bedeutet.

Die Rennlänge beträgt wie schon 2011 zwei Stunden und nicht die ALMS-typischen 2:45 Stunden. In den Jahren zuvor fuhr man lediglich 1:40 Stunden.