Zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges hoben nahe Northampton noch britische Kampfflieger ab, mittlerweile kreischen auf dem Silverstone Circuit lediglich die Motoren von Rennfahrzeugen. Ferner wird der Traditionskurs auf dem ehemaligen Militärgelände vielerorts als „Home of British Motor Racing“ gepriesen.
„Home of British Motor Racing“ prangt am Eingangstor einer der prestigeträchtigen Rennstrecken Großbritanniens. Kaum mehr als ein halbes Jahrhundert ist es her, als dröhnender Lärm von britischen Kampffliegern in das Idyll der Grafschaft Northamptonshire platzte. Denn inmitten der Nirwana Zentralenglands errichtete die Royal Air Force im Laufe des Zweiten Weltkriegs einen Militärflughafen, der jedoch angesichts des Waffenstillstandes obsolet wurde.
Heute sind rudimentäre Start- und Landebahnen die einzigen Relikte, welche auf Aktivitäten der königlichen Luftwaffe schließen lassen. Stattdessen bahnt sich seitdem ein rund sechs Kilometer messender Asphaltstreifen seinen Weg um die Militärbasis – der Silverstone Circuit. Nunmehr Austragungsort des Großen Preises von England und fester Bestandteil des LMS- und ILMC-Terminkalenders.
In seiner Ursprungsform von 1948 wurde die Streckenführung noch enorm einfach gehalten, indem die Rollbahnen lediglich durch enge Kurven, vorwiegend Spitzkehren, miteinander verbunden wurden. Bereits zwei Jahre nach der Eröffnung wichen die Inhaber allerdings auf die Verbindungsstraßen aus, welche die Start-und-Lande-Bahnen umgaben. Fortan blieb der Traditionskurs fast drei Jahrzehnte in seiner Beschaffenheit unberührt, bis 1975 im Zuge der Geschwindigkeitsreduzierung eine Schikane vor Woodcote installiert wurde. Über eine Dekade später wurde eine Kuppe vor der Bridge-Schikane errichtet, bevor zu Beginn neunziger Jahren eine Rundumerneuerung folgte.
Bietet neue Arena Angriffsfläche zum Überholen?
Die letzten Umbaumaßnahmen wurden just im zurückliegenden Jahr beendet, als die Strecke um eine Arena erweitert wurde. Das lange Geradeausstück zwischen Club und Abbey fungiert fortan als Start-und-Ziel-Gerade und mündet seither in eine Rechtskurve. Ergo rasen die Boliden nicht mehr über den Hügel in Richtung Bridge, sondern steuern gen Becketts zur Silverstone-Arena, wo es diverse Kurvenkombinationen zu bewältigen gilt; anschließend führt die Route zurück zur ehemaligen Start-Ziel-Passage.
Der Umbau kostete ungefähr 5,7 Millionen Euro. Letztlich wurde die Distanz pro Runde um 760 Meter auf 5,901 Kilometer erhöht. Intention war es, mithilfe der Arena mehr Überholmöglichkeiten zu schaffen, was sich mangels langsamer Kurven bisweilen als diffiziles Unterfangen entpuppte. Trotz etlicher Änderungen in jüngster Vergangenheit, bewahrt der Traditionskurs Norden von Oxford nichtsdestoweniger zur Hälfte seine Charakteristik als Hochgeschwindigkeitspiste. Der Kompromiss bei der Setupfindung liefert den Schlüssel zum Erfolg.
Auf den Geraden gilt, es eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen, während in den Parabolika-Kurven Aerodynamik- und Fahrwerkseinstellungen eine essentielle Rolle spielen, zumal die Reifen dabei einer Zerreißprobe unterzogen werden. Anschließend muss der Pilot auf hinreichend Traktion in der Arena zurückgreifen können. Überdies müssen zusätzliche Störfaktoren bei der Taktik einkalkuliert werden: Der flachen Wiesenlandschaft ist es zu verdanken, dass zuweilen heftige Winde über die Piste fegen, welche die Aerodynamik in rasanten Kurven beeinflussen. Ebenso können Wetterkapriolen in England nie ausgeschlossen werden. Die 1.000 Kilometer von Silverstone bergen also am kommenden Wochenenden abermals ihre Tücken.