Baltimore: Die ALMS markiert neue Territorien

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Erstmals seit dem Jahre 2006 findet sich der nordamerikanische Le-Mans-Sportwagen-Tross wieder auf einer neuen Rennstrecke ein. Anno 2011 ist diese auch im wahrsten Sinne des Wortes neu. Gemeinsam mit den Indy-Cars wird die ALMS die neue Strecke im Staate Maryland der Feuertaufe unterziehen.

Mit rund 620.000 Einwohnern, Tendenz sinkend, ist Baltimore im US-amerikanischen Vergleich eine relativ kleine Stadt, Bundesstaat-intern reicht es dennoch für Rang eins. Das eigentlich Interessante am 1729 gegründeten Baltimore ist jedoch die recht einzigartige Lage. Ideal gelegen am Chesapeake Bay, verfügt die Stadt über einen der größten Seehäfen der USA. Dies begünstigte im späten 19. Jahrhundert auch die Ansiedlung der Schwerindustrie, wie der Stahlproduktion. Später gesellten sich Erdölraffinerien, aber auch die Gesundheits- und Schönheitsindustrie, sowie die Medizin- und Pharmazietechnik hinzu. Somit wurde Baltimore zu einem wichtigen Industrie- und Handelszentrum der USA, speziell ausgerichtet auf die Forschung und Entwicklung.

Dies ist, man muss an dieser Stelle das Wort ‚leider‘ verwenden, nicht die einzige Besonderheit an der Stadt in der Metropolregion Washington D.C.-Baltimore. Die Kriminalitätsrate liegt etwa so hoch, wie die industrielle Produktivität der Stadt. Dies belegen Studien des Forbes-Magazins und des FBI. Laut deren Untersuchungen ist Baltimore eine der zehn gefährlichsten Städte in den USA, die Kriminalitätsrate liegt im Bundesvergleich auf Rang acht. Ein wichtiger Auslöser dafür ist die Armut, denn in der Stadtbevölkerung gibt es eine große, schier unüberwindbare, Kluft zwischen Arm und Reich.

Genau in diese Stadt wird es nun die ALMS, in Verbindung mit den Indy-Cars, verschlagen. Begünstigt wird dies wohl eher durch die hohe Wirtschaftskraft und dadurch die vielen Sponsorengelder. Daher leisteten sich die Initiatoren auch ein Wassergrundstück in Baltimores bester Lage. Der Rundkurs erstreckt sich von der Start-/Ziellinie auf der Pratt Street, einer der wichtigsten Straßen im Stadtgebiet, über die Light Street und die Russell Street, bevor er wieder in die Pratt Street mündet. Dabei führt die „kleine Stadtrundfahrt“ unter anderem am Baltimore Convention Center, einem Kongress- und Ausstellungszentrum, dem Stadthafen und den Camden Yards, einem Baseballstadion, hinüber.

Insgesamt werden die Fahrer auf ihrer 3,4 Kilometer langen Reise zwölf Kurven zu bewältigen haben. Dabei kreuzen sie 13 Tribünen und fünf Brücken. Das eigentliche Kuriosum am neuen Stadtkurs, dem zweiten neben Long Beach in der Saison 2011, ist jedoch, dass die Boxengasse nicht, wie sonst üblich, an der Start-/Zielgeraden, sondern zwischen den Kurven sechs und acht auf der gegenüberliegenden Seite liegt.

Laut vorläufiger Nennliste werden diese Boxen 30 Fahrzeuge, aus den Klassen LMP1, LMPC, GT und GTC, zu beherbergen haben. Neben den üblichen Verdächtigen aus der Nordamerikanischen Le-Mans-Sportwagenszene, taucht auch ein altbekannter wieder auf. Sein Name lautet Romain Dumas, sein Einsatzwagen ist diesmal ein LMP1-Lola-Aston Martin. Bereits im letzten Jahr half der Franzose und Porsche-Werksfahrer beim Team von Muscle Milk-Cytosport aus, wenn Not am Mann war. Nun ersetzt er Lucas Luhr, der seinen Pflichten als FIA-GT1-Fahrer in Ordos (China) nachgehen muss. Ebenfalls nicht am Start werden die Ford GT von Robertson Racing sein. Das Team um das Ehepaar Robertson gönnt sich eine kleine Auszeit vor den letzten beiden Saisonkrachern in Laguna Seca und Road Atlanta.

Dies sind die Zutaten für ein leckeres Motorsportsüppchen, das am kommenden Samstag ab 22.30 Uhr (MESZ) für zwei Stunden zubereitet wird.