Es ist bereits zur Tradition geworden: Jährlich finden in Elkhart Lake die engsten Zieleinläufe der gesamten American Le Mans Series-Saison statt. So auch in der Auflage des Jahres 2011. Klaus Graf konnte sich im Herzschlagfinale mit hauchdünnem Vorsprung vor Guy Smith über den Zielstrich retten.
Bevor die Muscle Milk-Truppe ihren Sieg gebührend feiern konnte, stand ihnen eine schwere Aufgabe ins Haus. Sie mussten ein vierstündiges Rennen bewältigen. Man hätte angesichts der Poleposition beruhigt sein können. Dies wäre jedoch ein schwerer Fehler gewesen, denn bereits am Start zeigte der Kontrahent von Dyson Racing seine Sicht in Sachen Muscle-Milk-Führung. Wiederholt war es weder Guy Smith noch Chris Dyson, die Lucas Luhr, dem Aston-Martin-Startfahrer, zu schaffen machen. Das Satellitenteam der Dysons sollte zu Beginn des Rennens für Unruhe im Hause der Aston-Martin-Kutscher sorgen. Steven Kane im in Oryx-Farben lackierten Lola-LMP1 schnappte Luhr bereits am Start die Führung vor der Nase weg.
Im Hinterfeld, speziell bei den GT, sollte es vorerst geordneter zugehen. Joey Hand, von Platz eins gestartet, konnte sich von seinem Verfolger anfangs absetzen. Dieser hieß nun Toni Vilander, der am Start Oliver Gavin überholen konnte. Kurz darauf sollte bereits die erste Safety-Car-Phase folgen.
Beim Neustart konnte Steven Kane die Führung behaupten und trieb damit bei den Muscle Milk-Verantwortlichen den Schweiß auf die Stirn. Lucas Luhr konnte dem Nordiren nicht einmal im Ansatz folgen. Ebenfalls etwas langsamer als gewohnt unterwegs war Chris Dyson. Dies hatte jedoch einen anderen Grund. Man wollte im Team von Rob Dyson etwas Sprit sparen, um am Ende des Rennens nicht wegen Spritmangels an die Box kommen zu müssen. Zudem fühlte sich Chris Dyson nicht sonderlich wohl. Dahinter entwickelten sich die ALMS-typischen GT-Gefechte.
Bald konnte sich bei den Gran Tourismos ein Dreigestirn absetzen. Dies bestand aus einem BMW, dem Vilander-Ferrari und der Corvette von Oliver Gavin. Zwischenzeitlich konnte sich Gavin and die Spitze setzen, bis alle drei zum Boxenstopp herein kamen. Diesen konnte der BMW gewinnen, während sich der Ferrari und die Corvette in der ersten Kurve nach dem Boxenausgang einen „Paralleldrift“ leisteten.
An der Spitze kämpften weiterhin Steven Kane und Lucas Luhr um die Führung, bis Kane zum Boxenstopp herein musste und an seinen arabischen Partner Humaid Al-Masaood übergab. Dies geschah während der zweiten Safety-Car-Phase des Rennens. Im Anschluss konnte Masaood das Tempo von Luhr nicht mehr mitgehen. Später musste der Wagen mit einem technischen Gebrechen an die Box, konnte allerdings später das Rennen fortsetzen.
Somit war die Halbzeit für den zu diesem Zeitpunkt souverän Führenden Klaus Graf, der von Lucas Luhr übernahm, erreicht. In den Klassen GTC und LMPC hatten sich die Positionen zu diesem Zeitpunkt gefestigt, in der LMP2 kam es bei nur einem Starter zu keinen Kämpfen. Nur in der GT ging es noch hoch her. Es hatten sich mehrere Kampfgruppen gebildet, eine davon waren Dirk Werner (BMW) und Olivier Beretta (Corvette). Beide kamen gleichzeitig zum Boxenstopp herein. Wieder einmal war die BMW-Crew schneller und Werner ging als Sieger des Duells zurück auf die Strecke. Die Führung hielt zu diesem Zeitpunkt Oliver Gavin vor Joey Hand und Toni Vilander in der Hand.
Kurz darauf folgte die dritte und damit vorletzte Safety-Car-Phase des Tages. Noch bevor sich die Boxengasse öffnete kam bereits der #01-Extreme-Speed-Ferrari in die Boxen. Grund war sein leerer Tank. Laut Reglement war es dem Team erlaubt in einem „Emergency-Stop“ für fünf Sekunden nachzutanken. Dies sicherte die Weiterfahrt von Johannes van Overbeek und zwischenzeitlich die Führung in der GT-Kategorie. Er war aber nicht der einzige, dem das Ausrücken des Safety-Cars nützte. Der anfangs abgeschlagene Dyson-Lola, nun pilotiert vom sehr gut aufgelegten Guy Smith, kam direkt an das Heck des Muscle Milk-Aston Martin. Währenddessen fand auch Humaid Al-Masaood zurück auf die Strecke.
Nach dem schwenken der grünen Flagge führte weiterhin Klaus Graf, bei den GT war es nun Jaime Melo im Risi-Ferrari. Diese Führung wurde, wie auch viele andere Positionswechsel, durch ein taktisches Spielchen begünstigt, an denen sich die Strategen der Teams während dieser Phase des Rennens versuchten.
Wie oben erwähnt, befand sich auch Masaood zurück auf der Strecke. Sein Ziel war es, etwas zum Thema „Rennen Fahren“ dazu zu lernen. Als Lehrer schaute er sich seinen Teamkollegen Guy Smith aus. Seine heutige Lektion war es, Smith durch die schnelle Rechtskurve hinter dem Karussell, genannt Kink, zu folgen. Dabei vergaß der Araber, dass Smith ein sehr schneller Fahrer ist, verschätzte sich und landete in der Streckenbegrenzung. Fast zum selben Zeitpunkt tat dies auch Tommy Milner (Corvette), jener konnte sein Rennen vorerst fortsetzen, musste jedoch wenig später aufgeben.
Somit war auch die letzte Safety-Car-Phase Vergangenheit, die Positionskämpfe allerdings zur Gegenwart geworden. In allen Klassen spitzen sich die Gefechte um jede Position, um jeden Zentimeter zu. Guy Smith befand sich nun auf dem Vormarsch und war drauf und dran Klaus Graf gehörig unter Druck zu setzen.
Auch die GT verschärften die Gangart in ihren Duellen noch einmal. Die Top sechs der Klasse befand sich nun fast in einer Reihe, Magnussen (Corvette), Müller (BMW) und Henzler (Porsche) sogar Stoßstange an Stoßstange. Das rote Tuch für die drei „GT-Stiere“ war Spencer Pumpelly, ein Vertreter der GTC-Klasse, bei dessen Überrundung Dirk Müller sich die Zähne ausbiss. Zweimal befand er sich auf der falschen Seite des Porsche 911 Cup. Dem dahinter fahrenden Wolf Henzler reichte es irgendwann und er quetschte sich zwischen dem GTC-Porsche und dem GT-BMW hindurch. Er überholte durch eine Lücke, die faktisch nicht bestand. An der Spitze der GT lag der zweite BMW, vor Jaime Melo und Jörg Bergmeister. Bald sollte der Brasilianer Melo die Spitze jedoch wieder übernehmen.
Dirk Müller, der dem spektakulären Überholmanöver von Wolf Henzler zum Opfer gefallen war, kämpfte sich gegen Ende des vierstündigen Rennens noch einmal zurück. Henzler hatte er bereits wieder überholt, da standen erst die verbliebene Corvette von Magnussen und danach Jörg Bergmeister auf dem Speiseplan des BMW-Werkspiloten.
Auch in der GTC wurde der Kampf um Rang eins noch einmal richtig heiß. Erst kämpfte Sean Edwards gegen Spencer Pumpelly, dann gesellte sich auch noch Jeroen Bleekemolen hinzu. Edwards schien den Sieg schon fest eingeplant zu haben, da platzte zu allem Überfluss noch einer seiner vier schwarzen Walzen. Pumpelly erbte die Führung, musste sie in der letzten Kurve aber noch an Cup-Spezialist Jeroen Bleekemolen abtreten.
Ungeachtet dessen balgten sich in den letzten Runden Klaus Graf und Guy Smith um die Gesamtführung. Smith kam durch Verkehr und durch Kurven, da er besseren Abtrieb hatte, noch einmal gefährlich nah. Klaus Graf konnte sich jedoch mit einem Vorsprung von 0,112 Sekunden über die Ziellinie retten. Dritter wurde der Autocon-Lola, nachdem der zweite Dyson ausgefallen war. Der einzige LMP2 von Level 5 Motorsports wurde Gesamt-Fünfter.
Die LMPC konnte Butch Leitzinger auf Gesamtrang drei vor Eric Lux und Frankie Montecalvo für sich entscheiden. Der Punktführende Gunnar Jeanette wurde lediglich fünfter.
In der GT konnte Jaime Melo vor den beiden BMW von Dirk Werner und Dirk Müller die Nase von behalten. Die GTC-Klasse gewann Jeroen Bleekemolen vor Spencer Pumpelly und Sean Edwards.
Das nächste ALMS-Rennen findet bereits in zwei Wochen auf dem neuen Straßenkurs in Baltimore statt.