Wisconsin: Millimeterentscheidungen im Nervenkrieg

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Es war der Tag der extrem knappen Entscheidungen: In allen Klassen lag der Abstand zwischen dem ersten und dem zweiten bei nicht mehr als 0,3 Sekunden. Klaus Graf konnte seine Nerven beisammen halten und diesen Krimi für sich entscheiden, ähnlich wie Dirk Müller bei den GT.

Die Sonne am Elkhart Lake strahlt mit den Polesittern für das morgige Vier-Stunden-Rennen um die Wette. Unter strahlend blauem Himmel fanden die Protagonisten, bei 26°C Lufttemperatur, die perfekten Bedingungen für ein spannendes Qualifying. Es schien als seien alle Fahrzeuge, mit noch so unterschiedlichen Konzepten, gleich schnell.

Das Qualifying auf der Road America war viergeteilt. Zuerst durften die GTC auf die Strecke, anschließend gab sich die GT-Elite die Ehre. Zu guter Letzt traten LMPC und schlussendlich die LMP1 und LMP2 im letzten Viertel zum Kampf um Startplatz eins an.

Jener Kampf hätte spannender nicht seien können. Es schien als hätte Alfred Hitchcock höchstpersönlich das Drehbuch geschrieben. Das Zeittraining begann mit einem Dreikampf in der GTC zwischen den Porsche-Cup-Spezialisten Sean Edwards (NGT Motorsport), Jeroen Bleekemolen (Black Swan Racing), der noch im zweiten Training in Front lag und Spencer Pumpelly (TRG). Dabei wurden nicht nur die Zeiten untereinander angegriffen, selbst der Rundenrekord für die GTC-Klasse wurde mehrfach unterboten. Zuerst war es Jeroen Bleekemolen, der den Rekord aus dem Vorjahr knackte. Lang währte seine Freude über den neuen Rekord jedoch nicht. Sean Edwards pulverisierte abermals die Zeit des Niederländers und zog somit den Schlussstrich unter den Kampf der Porsche 911 Cup. Die neue Zeit von 2:14.067 Minuten wird nun in die Geschichtsbücher eingehen. Aber auch der marginale Rückstand Bleekemolens von 0,059 Sekunden und Spencer Pumpelly, weitere 0,094 Sekunden dahinter, sollte ebenfalls Erwähnung finden. Das Neueinsteigerteam rund um Dominik Farnbacher fand sich lediglich auf dem achten und damit letzten Rang ein.

GT-Fights auf höchsten Niveau

Ein heißes Gefecht sollten sich im Anschluss auch die GT-Piloten liefern. Abermals wurde ein Dreikampf unter der Sonne Wisconsins ausgetragen. Daran beteiligt waren Dirk Müller (BMW Team RLL), Jan Magnussen (Corvette Racing) und Toni Vilander (Risi-Ferrari). Bereits in seiner zweiten gezeiteten Runde ließ Dirk Müller seine Kontrahenten spüren, dass er es ernst meint. In 2:05.447 Minuten hastete der BMW-Werkspilot zu einem neuen Streckenrekord für GT-Fahrzeuge. Die Zeit sollte, auch unter heftigstem Beschuss durch Jan Magnussen und Toni Vilander, bis zum Ende des Qualifyings Stand halten. In seiner vorletzten schnellen Runde konnte Magnussen seine Corvette bis auf 0,005 Sekunden an den BMW von Dirk Müller heranschieben. Dabei sollte es jedoch bleiben, da sowohl Magnussen als auch Vilander, auf ihrer jeweils letzten Runde von David Murry (Robertson-Ford GT) im Karussel ausgebremst wurden. Im anschließenden Interview war der Däne Magnussen, verständlicherweise, wütend auf den aus Cumming, Georgia stammenden GT-Piloten.

Zu diesem Zeitpunkt ging es auf der Strecke schon wieder hoch her. Diesmal im Fokus standen die LMPC. Abermals entbrannte ein Dreikampf, diesmal zwischen Kyle Marcelli (Performance Tech Motorsports), Butch Leitzinger (PR1 Mathiasen Motorsports) und Gunnar Jeanette (CORE Autosport). Auch bei den Oreca-Prototypen stellte sich ein ständiger Positionswechsel ein. Die Entscheidung fiel jedoch erst nach dem Fallen der Zielflagge. Es sah bereits nach einer Poleposition für Kyle Marcelli aus, als Butch Leitzinger, in seinem ersten Start in der LMPC, noch einmal nachlegen konnte und eine Zeit von 1:59.262 Minuten zu Stande brachte. Selbst diese Führung war kurzfristig noch in Gefahr, denn auch Gunnar Jeanette konnte noch zulegen. Im Schlussspurt reichte es allerdings lediglich für eine Zeit von 1:59.357 Minuten. Marcelli fand sich schließlich auf Rang drei wieder, 0,022 Sekunden hinter Jeanette und 0,021 Sekunden vor Eric Lux (Genoa Racing).

Prototypenkämpfe um jede Zehntelsekunde

Als letzte Gruppe wurden die LMP1 und 2 auf die Strecke gelassen. Bereits zu Beginn konnte Klaus Graf, der auch das zweite Training auf Rang eins beendete, mit einer beachtlichen Zeit vorlegen. Anfangs hatte es den Anschein, als könne ihm keiner der drei weiteren Lola-LMP1-Prototypen folgen. Chris Dyson (Dyson Racing) und Steven Kane (Oryx Dyson) hatten scheinbar ihre liebe Not, von Tony Burgess (Autocon) ganz zu schweigen. Doch gegen Ende des Zeittrainings konnte einer der Dyson noch einmal zulegen. Es war jedoch nicht der eigentliche Nummer eins Wagen, es war der aus dem Satellitenteam stammende, in Oryx-Farben, lackierte Lola-Mazda mit Steven Kane am Steuer. Es schien als könne er Klaus Graf noch gefährlich werden, schob er sich doch auf 0,36 Sekunden an den Muscle Milk-Aston Martin heran. Dabei sollte es bin zum Ende der Sitzung allerdings bleiben. Chris Dyson belegt in der Endabrechnung Rang drei vor dem AER-befeuerten Lola aus dem Hause Autocon.

Am Rande sei noch erwähnt, dass auch ein LMP2 am Qualifying teilnahm. Da er der einzige Starter in seiner Klasse ist, war ihm von vorn herein Rang eins sicher. Im Gesamtklassement platzierte sich der aus dem Team Level 5 Motorsports stammende Wagen zwischen den Pulks der LMP1 und LMPC.