VLN: Goldene Zeiten?

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In der kommenden Saison werden mit Porsche, Audi, BMW und Mercedes vier deutsche Hersteller mehr oder weniger werksmäßig an den Start der VLN und des 24-Stunden-Rennens auf der Nordschleife gehen. Fluch oder Segen für die Serie?

Im Jahr 2006 initiierte die SRO rund um Stéphane Ratel die GT3-Klasse als zusätzliche „kleine“ GT.Division und rief die GT3 Europameisterschaft ins Leben. Gleich beim Auftaktrennen der Serie fanden sich über 40 Starter zu den Läufen in Silverstone ein. Damals waren freilich noch Porsche Cup oder Ferrari Challenge Modelle das Maß der Dinge. Die GT3-Klasse erlebte einen bis heute anhaltenden Boom, der nach und nach die großen Sportwagenhersteller auf den Plan rief. Heute ist mit Cup-Rennern kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Porsche hat bereits zur Saison 2010 die zweite GT3-Entwicklungsstufe in Form des GT3R gezündet. Andere Hersteller und Tuner, wie Reiter Engineering, stehen dem in nichts nach entwickeln ihre GT3-Renner ebenfalls Jahr für Jahr weiter.

In der Gründungzeit der GT3 waren in der VLN noch Teams wie Manthey und Land Motorsport mit ihren Porsche GT3 RSR das Maß der Dinge. Aber auch Teams wie Alzen, Getrag und Scheid mit ihren Eigenkonstruktionen oder Schall mit dem ex-DTM Astra und diverse V8 Star Renner waren konkurrenzfähig und durchaus in der Lage aus eigener Kraft in die Top 10 zu fahren. Gleiches war mit Porsche Cup Fahrzeugen möglich, die dies Dank ihrer technischen Zuverlässigkeit auch regelmäßig unter Beweis stellten.

Die Porsche-Dominanz an der Spitze war manchem ein Dorn im Auge und so wurden im Laufe der Zeit Rufe nach einer größeren Markenvielfalt an der Spitze immer lauter. Ende der Saison 2008 reifte dann der Plan eine eigene Klasse für die SRO (FIA)-GT3-Klasse auszuschreiben. Die SP9 war geboren. In ihr konnten fortan alle GT3-Fahrzeuge nach dem technischen Reglement der GT3-EM an den Start gehen. Der DMSB behält sich jedoch vor die Renner für die Nordschleife mit einer separaten Balance of Performance einzustufen. Auch können die Hersteller Teile, die der Sicherheit bzeiehungsweise der Zuverlässigkeit dienen, speziell für die Nordschleife homologieren lassen. Um die Sicherheit zu erhöhen, sollten die Rundenzeiten verlängert werden. Gleichzeitig gab es aber den Wunsch, dass die SP9 Fahrzeuge um den Gesamtsieg fahren sollten. All dies führte zu einer massiven Einbremsung der SP7- und SP8-Renner.

Nicht mehr konkurrenzfähig, waren viele der ehemaligen Publikumslieblinge dadurch schlicht nicht mehr rentabel und verschwanden entweder ganz von der Bildfläche, wie der Eifelblitz von Lokalmatador Johannes Scheid, oder wanderten, wie Alzen und Getrag in andere Rennserien ab. Im Falle des Getrag-BMW Z4 V8 sogar recht erfolgreich. Im abgelaufenen Jahr konnte man die Spezial-Tourenwagen-Trophy gewinnen.

An der Spitze haben all diese Maßnahmen bislang wenig verändert. Porsche-Fahrzeuge bleiben auf der Langstrecke weiterhin das Maß der Dinge. Die Einsatzteams der Audi R8 waren zuletzt häufig vom Pech verfolgt oder haderten mit der Zuverlässigkeit. Die Besatzungen der BMW Z4 GT3 waren bislang fahrerisch nicht in der Lage mit den schnellen Porsche mitzuhalten. Hoffnungsvolle Projekte, wie die Alpina-BMWs oder der Raeder-Ford GT verschwanden wieder in der Versenkung. Einzig die privat eingesetzte Mintgen-Viper sorgte ab und an für einen Farbtupfer im Porsche dominierten Feld. Der Einsatz der Werke und die stetige Weiterentwicklung in der GT3 verhinderten eine Verlangsamung der Rundenzeiten. Toppiloten, wie Marc Lieb, sind in der Lage im GT3-Rundenzeiten auf dem Niveau eines Uwe Alzen im legendären Turbinchen abzurufen.

Für die Saison 2011 werden die Karten jedoch neu gemischt. Mercedes hat mit dem SLR AMG GT3 bereits bei den letzten Rennen der abgelaufenen Saison gezeigt, dass man ernsthaft um Siege fahren will. Mit Black Falcon und Mamerow Racing hat man sich auch bereits Nordschleifen erfahrene Einsatzteams gesichert. Auch Callaway Competition hat bei zwei Testeinsätzen zum Ende der Saison gezeigt, dass man mit der Corvette rechnen kann. Neben der Trainingsbestzeit beim Debüt auf der Nordschleife sprangen für den frischgebackenen GT3-Europameister Christian Hohenadel ein dritter und ein vierter Platz bei den Rennen heraus.

Audi wird erneut alles daran setzen, die Schmach bei der letzjährigen Ausgabe der 24 Stunden auszuwetzen. War man im Training noch die dominierende Marke und von den Startplätzen eins bis vier in die Hatz zweimal rund um die Uhr gestartet, blieb am Ende lediglich Rang drei für einen der privat eingesetzten R8.

BMW zeigte beim vorletzten Lauf 2010, was mit dem Z4 GT3 möglich ist. Man beorderte die Werksfahrer Jörg Müller und Dik Adorf in einen der Schuberth-Wagen. Die Münchner waren im Training bei widrigen Bedingungen sofort bei der Musik, und am Ende sprang ein dritter Rang im Rennen heraus. Werksmäßig werden sich die Bayern aber 2011 erneut auf den M3 GT2 konzentrieren und in der E1XP an den Start gehen. Einem direkten Vergleich mit vergleichbaren Waffen geht man so freilich galant aus dem Weg.

Porsche wird das Feld an der Spitze nicht kampflos räumen und man muss kein großer Prophet sein, um zu sehen, dass der Manthey-Porsche weiterhin das zu schlagende Fahrzeug sein wird. Neben den diversen von Manthey eingesetzten Wagen haben die Zuffenhausener ein weiteres heißes Eisen im Feuer. Die im belgischen Spa beheimatete Mannschaft um Bernhard Mühlner hat ihre Rückkehr in die VLN angekündigt und wird mit Jörg und Tim Bergmeister zum Angriff blasen. Auch die weiteren privaten Porsche-Teams, allen voran sicherlich Frikadelli Racing, sind immer für eine Überraschung gut. Für die nicht werksunterstützten Mannschaften wird die Luft aber deutlich dünner werden.

Die Überraschungsmannschaft des letztjährigen 24-Stunden-Rennens, Farnbacher Racing, hat bereits angekündigt in diesem Jahr mit einem nagelneuen Ferrari F458 GT2 an den Start zu gehen. Genau wie das Projekt des amerikanischen Ferrari-Sammlers James Glickenhaus, der sich eine P4/5 Replika auf Basis des F430 GT2 bauen lässt, wird man bei Farnbacher die ersten VLN Läufe nutzen, um ausgiebig für das 24-Stunden-Rennen zu testen.

Gerade am Anfang der Saison kann man also mit bunten Starterfeldern rechnen. Bei der Zahl der Nennungen konnte man bei der VLN Organisation bereits 2010 wieder einen Aufwärtstrend verzeichnen, der sich in der neuen Saison fortzusetzen scheint. Was allerdings passiert, wenn die Werke den Stecker ziehen und die Kundenteams den Einsatz der Kostspieligen GTs selber stemmen müssen, steht in den Sternen. Bislang hat sich die VLN jedoch immer recht krisenfest gezeigt.