Le Castellet: Deutsch-japanischer Freudentaumel

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Es ist endgültig klar: Lucas Luhr und Michael Krumm sind die Nissan-Speerspitze im WM-Kampf der FIA GT1 World Championship. Mit ihren zwei Siegen auf dem HTTT katapultierten sich Luhr/Krumm wieder an die Spitze der Weltmeisterschaft. Auch Young Driver AMR zeigte sich stark, während Lamborghini enttäuschte.

Die Fronten im Nissan-Lager dürften endgültig geklärt sein: Mit einem beeindruckenden Doppelschlag haben sich Lucas Luhr und Michael Krumm nicht nur teamintern an die Spitze gesetzt, sondern haben auch die WM-Führung von Markus Winkelhock und Marc Basseng zurückerobert. JR Motorsport brillierte auf dem High Tech Test Track (HTTT) in der Nähe von Le Castellet, konnte die dominante Performance aber wieder nicht in einen Doppelsieg ummünzen. Diesen verhinderte unter anderem das Young Driver AMR-Team, das zweimal die Sieger auf dem Podest einrahmen durfte. Für die Mittelmotorfahrzeuge lief es schlecht: Ford holte immerhin noch einen sechsten Rang im Hauptrennen, doch für Lamborghini ging die Welt unter: Schlechter Boxenstopp im Hauptrennen, und das Erfolgsgewicht aus Navarra warfen Winkelhock/Basseng zurück, während Schwager/Pastorelli das gesamte Wochenende über auf keinen grünen Zweig kamen.

Im Qualifying Race am Samstag sah lange alles nach einer sehr sicheren Angelegenheit für die JRM-Nissan aus. Die Boxencrew des deutsch besetzten Fahrzeugs setzte sich gegen die Kollegen des englischsprachigen Autos von Westbrook/Dumbreck beim Boxenstopp durch. Krumm fuhr trotz einiger Angriffe von Richard Westbrook den Sieg am Samstag nach Hause. Dieser verlor in der letzten Runde noch die zweite Position an Tomas Enge und sogar noch den letzten Platz auf dem Podest an Stefan Mücke. Für Aston Martin und Nissan war es die richtige Antwort auf das desaströse Navarra-Wochenende. Nach dem Rennen wurden haufenweise Strafen über diverse Fahrzeuge verhängt, die in der ersten Schikane die Strecke im allgemeinen Tumult abgekürzt und sich dadurch einen Vorteil verschafft hatten. Das Qualirennen stand im Zeichen eines heftigen Unfalls von Stef Dusseldrop, der eingangs der Mistral-Geraden die Kontrolle über den Hexis-Aston Martin verlor. Da es nicht das erste Mal ist, dass ein Fahrzeug auf diese Weise an dieser Stelle heftig abfliegt, wird es sicherlich Diskussionen geben bezüglich der Sicherheit an dieser Stelle.

Das Hauptrennen entwickelte sich in der ersten Hälfte zu einer Sternstunde für Michael Krumm. Der ehemalige Super GT-Pilot ließ vom Start weg nichts anbrennen und stürmte an der Spitze davon, fuhr bis zum Boxenstopp einen Sieben-Sekunden-Vorsprung heraus und schien nicht mehr einholbar zu sein. Dahinter bildete sich ein Paket aus den beiden Young Driver-Aston Martins, dem zweiten JRM-Nissan von Westbrook/Dumbreck, dem Ford GT von Makowiecki/Martin und den Tabellenführern Winkelhock/Basseng. Für viel Action sorgte jedoch ein heftiger Vierkampf rund um die Corvette von Dimitri Enjalbert und die hinteren Topzehn-Plätze. Der Franzose zeigte wiedermal ein sehr gutes Rennen und empfiehlt sich mehr und mehr für Top-Cockpits.

Das große Stühlerücken begann wiedermal bei den Boxenstopps: Die Mannschaft des führenden Fahrzeugs erwischte einen schlechten Boxenstopp, doch es reichte für Lucas Luhr, wieder als Führender auf die Strecke zurückzukehren. Ebenso schwach war der Boxenstopp von Winkelhock/Basseng, hier jedoch mit schlimmeren Auswirkungen: Von P4 ging es zurück auf P8, die WM-Führung war damit weg. Weiter vorne tauschten überraschenderweise die beiden Young Driver AMR-Fahrzeuge die Positionen: Darren Turner kam vor Alex Müller wieder aus der Box und übte von nun an Druck auf den führenden Luhr aus, während Müller plötzlich um seinen dritten Platz zittern musste: Maxime Martin versuchte im Ford GT alles, doch der fehlende Topspeed wurde ihm zum Verhängnis: Statt den Aston Martin zu überholen, wurde er seinerseits von Peter Dumbreck, dann von Jamie Campbell-Walter und zum Schluss auch noch von Andrea Piccini kassiert. Nun lag es an Dumbreck, den Aston Martin zu überholen, doch ein Aufhängungsdefekt machte fünf Minuten vor Schluss alle Hoffnungen zunichte. Wiedermal war die englische JRM-Besatzung im Pech, Müller rettete P3 über die Ziellinie. Den Sieg holte sich jedoch Lucas Luhr, der alle Angriffe von Darren Turner abwehren konnte und damit ein perfektes Wochenende für sich und Michael Krumm verbuchen konnte.

Enttäuscht dürfte das Hexis AMR-Team das Rennen Paul Ricard verlassen. Beim Heimspiel konnte man nie die Pace des Young Driver AMR-Teams mitgehen und war in Kämpfe im Mittelfeld verwickelt. Eine Mammutleistung erbrachten die Mechaniker, die den völlig zerstörten #3 Aston Martin DB9 von Piccione/Dusseldorp in der Nacht von Samstag auf Sonntag wieder aufbauten. Gebracht hat es nicht viel, denn Piccione drehte sich ausgerechnet im Kampf mit seinem Teamkollegen Christian Hohenadel raus. Dieser kam im Hauptrennen mit Andrea Piccini zusammen immerhin auf P5. Auch für Ford gab es wieder nicht viel zu holen: Schon im Qualirennen eliminierten sich drei Ford GT in Runde eins. Von den schlechten Startplätzen war nicht viel zu holen, zumal der mangelnde Topspeed sich immer mehr als hinderlich erweist, am Ende blieb P6 für die an diesem Wochenende einzige unbeschadete GT-Flunder. Marc VDS experimentiert in der GT3-Europameisterschaft bereits mit einem BMW Z4 – ein klares Zeichen für die Zukunft. Corvette mischte zwar fleißig mit, doch es fehlen Resultate. Pech hatte Mike Hezemans, der in der ersten Runde des Hauptrennens sich auf einem Curb die Aufhängung beschädigte und das Rennen aufgeben musste.

Die FIA GT1 World Championship geht nun in die Sommerpause. Bei noch drei ausstehenden Rennen geht es in die entscheidende Phase im Meisterschaftskampf. Auf der engen Strecke von Ordos dürften am 2. bis 4. September die Lamborghini und Ford GT wieder im Vorteil sein. Eine Bewährungsprobe wird es auch für die Weltmeisterschaft selbst – man ist mit 16 Fahrzeugen am absolut untersten Limit angekommen, und die teuren Überseerennen kommen jetzt erst, bevor 2012 hoffentlich mit dem neuen Reglement voll durchgestartet werden kann.