Silverstone: Peugeot siegt nach Audi-Intermezzo

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Peugeot bleibt Branchenprimus: Simon Pagenaud und Sébastien Bourdais triumphierten in Silverstone, nachdem die Stallgefährten sich selbst aus dem Rennen kegelten. Audi wurde indes ein beschädigtes Hinterrad zum Verhängnis. Ein längere Boxenaufenthalt kostete die Herren der Ringe schließlich die Führung.

Mittlerweile scheint der Schauplatz in der Grafschaft Northamptonshire prädestiniert im ewigen Wettstreit der Dieselavantgarde, mindestens ein Opfer aus den jeweiligen Reihen der Kontrahenten zu fordern. Man erinnere sich an das dramatische Finale anno 2008, das eine frappante Wende in der Meisterschaft herbeiführte. Ein ähnliches Szenario spielte sich auch beim diesjährigen Sechs-Stunden-Rennen im Norden Oxfords ab.

Eine rüde Herangehensweise beider Parteien, wurde bereits in einem frühen Stadium des Rennens quittiert. Sowohl Audi-Ass Allan McNish als auch Peugeot-Pilot Franck Montagny manövrierten sich ein Stückweit zu forsch durch den Verkehr und stolperten letztlich über ihre eigenen Füße. Die Konsequenz: Das Duell um den Gesamtsieg spitzte sich auf einen Zweikampf zwischen dem Audianer-Duo Timo Bernhard und Marcel Fässler sowie den Löwenbändigern Sébastien Bourdais und Simon Pagenaud zu.

Und wie sollte es anders sein, am Ende entschied der notorische Defektteufel über Sieg und Niederlage. Dabei agierten die beiden Erzrivalen über weite Strecken auf Augenhöhe, jagten sich gegenseitig um den Traditionskurs und wechselten sich an der Feldfront stetig ab. Zudem gewann Audi gar Oberwasser, als sich bei Simon Pagenaud Reifenprobleme abzeichneten. Hüben wie drüben wurde allerdings die Vermutung geäußert, der kurzfristige Ersatz für Stammfahrer Anthony Davidson hadere auf dem Hochgeschwindigkeitskurs noch mit dem Überrundungsverkehr.

Drama um Audi-Speerspitze

Ergo etablierten sich Fässler und Bernhard in der Beletage und festigten ihre Führungsposition. Doch es bahnte sich zwei Stunden vor dem Fallen der Zielflagge ein Desaster für die Herren der Ringe an. Der R18-Selbstzünder wurde während seines Routinestopps in die Garage verfrachtet, um die Heckpartie zu wechseln. Diagnose: Ein beschädigtes Hinterrad musste ausgetauscht werden, die Reparatur kostete die Joest-Truppe eine kriegsentscheidende Minute.

Pagenaud und Bourdais lachten sich dementsprechend ins Fäustchen und eigneten sich im Handumdrehen Platz eins an. Das Schicksal der Ingolstädter war somit besiegelt, die Wildkatzen nicht mehr von der Siegerstraße zu bringen. Peugeot gewann schlussendlich mit Anderthalbminuten Vorsprung auf Audi. Die Stallgefährten Montagny und Stéphane Sarrazin landeten indes auf dem achten Rang. Oder mit anderen Worten: Zwei Konkurrenten konnten noch geschnappt werden.

Ein Form der Wiedergutmachung war demnach nur in Ansätzen geglückt. Montagny unterlief bereits in der Startphase ein Fauxpas, als der Franzose beim Überrunden am Ende der ehemaligen Start-und-Ziel-Geraden ins Schleudern geriet und geradewegs ins Abseits der Copse-Schikane segelte. Nachdem der gestrandete Heizölbolide geborgen werden konnte, verlor die Equipe neun Runden an der Box. Ähnlich erging es dem zweiten Audi-Ensemble.

McNish machte seinem Ruf einmal mehr alle Ehre. In altbekannter rigoroser Manier pflügte der schottische Routinier – ohne Rücksicht auf Verluste – über die Piste. Dies sollte ihn teuer zu stehen kommen. Zwar pirschte sich der Audi-Frontmann beim Ansteuern der Abbey-Schikane vorbei an Bourdais auf Rang eins, doch kamen ihm anschließend Acura-Wrackteile in die Quere. Folglich geriet McNish wieder ins Hintertreffen. Aber zur Verblüffung aller Beteiligten ging sein Kalkül neuerlich auf, und selbiges Manöver glückte ein zweites Mal. Das Audi-Urgestein shanghaite die Peugeot-Speerspitze und presste sich erneut am Ende von Start-Ziel an Montagny vorbei.

Allerdings blieb McNish wenig Zeit, die Führungsluft zu inhalieren, denn der Audianer räumte im Folgenden zwei Ferrari-Brummer ab. Der Schotte steuerte unverzüglich die Box an, um die Frontpartie auswechseln zu lassen. Kaum die Fahrt wieder aufgenommen, schlich das R18-Coupé wieder in langsamer Fahrt über die Strecke. Denn bei der Kollision wurde auch die Frontaufhängung demoliert, weshalb das Audi-Gespann einen zweiten Reparaturstopp einlegen musste. Jener kostete sechs Runden auf die Spitze. Am Ende sprang lediglich der siebente Platz heraus.

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Zwiespältiges Resultat für Oak Racing

Die katastrophale Bilanz der Dieselelite ebnete unterdessen dem Benzinsektor den Weg aufs Podium. Schlussendlich staubte Oak Racing den Bronzerang auf dem Stockerl ab, dennoch durchliefen die Eichen Himmel und Hölle. Nachdem die französische Mannschaft gegen Rebellion-Toyota die Oberhand behalten hatte, stellten sich Guillaume Moreau, Pierre Ragues und Matthieu Lahaye selbst ein Bein. Das Trio kassierte eine 30-sekündige Stop-and-Go-Strafe, da in der Boxengasse die maximale Geschwindigkeit überschritten wurde.

Zu allem Übel verpasste Moreau, als der Pechvogel die Strafe antreten wollte, die entsprechende Box und büßte zusätzlich Zeit ein. Letztlich wurde der Pescarolo-Judd-Kutscher auf Rang fünf degradiert, der ins Ziel gerettet werden konnte. Seine Kumpanen Jacques Nicolet, Alexandre Prémat und Oliver Pla hielten indes die Fahne für Oak Racing hoch und erbten den Podiumsrang. Als ärgste Rivalen der Eichen entpuppte sich indes die Schweizer Rebellion.

Andrea Belicchi und Jean Christophe Boullion sicherten sich dementsprechend den vierten Platz, während ihre Teamkollegen auf den letzten Metern einen Reifenschaden erlitten. Neel Jani und Nicolas Prost mussten deshalb nach 159 gefahrenen Runden die Segel streichen. Eine durchwachsene Bilanz zog derweil die Truppe rund um Henri Pescarolo: Emmanuel Collard, Christophe Tinseau und Julien Jousse beendeten die Hatz an sechster Stelle.

Schlichtweg ein Debakel erlebte Aston Martin Racing. Die britische Werksmannschaft griff bei ihrem Heimspiel auf den Jahreswagen zurück, da ihr aktuelles Arbeitsgerät noch Kinderkrankheiten plagte. Der Schuss ging nach hinten los, denn die Inselsportler erlebten ihr himmelblaues Wunder. Über das gesamte Wochenende bekam der britische Hersteller keinen Fuß auf den Boden und dümpelte stetig inmitten der LMP2-Nirwana. Letzten Endes rangierten Christian Klien, Adrian Fernandez und Harold Primat auf Position neun – noch vor dem Sieger der kleinen Prototypen.

Last-Minute-Sieg für Greaves Motorsport

In der Division LMP2 setzten sich Karim Ojjeh, Olivier Lombard und Tom Kimber-Smith (Greaves-Nissan-Zytek) gegen die Oreca-Übermacht durch. Das Dreigestirn profitierte am Ende des Tages allerdings vom Pech der Konkurrenz. Denn die Nissan-Delegation vertraute auf eine tendenziell konservative Strategie, wodurch sich das Trio auf Platz zwei einnistete. Doch in der Schlussphase mussten die Spitzenreiter Dominik Kraihamer und Thor-Christian Ebbesvik (Boutsen Energy) einen ungeplanten Stopp einlegen und ihr Oreca-Nissan-Renner wurde in die Box geschoben.

Folglich erbten Ojjeh, Lombard und Kimber-Smith den Pokal und machten einen weiteren Schritt in Richtung Titelgewinn. Das Boutsen-Duo musste dagegen mit der Bronzemedaille Vorlieb nehmen. Auf Position zwei mogelten sich noch Michel Frey, Ralph Meichtry und Marc Rostan (Race-Performance-Oreca-Judd), die sich stets im Hintergrund hielten, aber den Kontakt zur Spitzengruppe nicht verloren.

Nick Leventis, Danny Watts und Jonny Kane (Strakka-HPD) hatten hingegen den Haussegen nicht auf ihrer Seite. Zwar mischten die Acura-Schützlinge bei ihrem Heimspiel anfangs im Kampf um die Führung mit, doch ein Pneuschaden machte den Briten einen Strich durch die Rechnung. Mit einem Rückstand von 25 Runden nahmen die Honda-Repräsentanten das Rennen wieder auf und errangen letztendlich noch den neunten Klassenrang.

Zitterpartie um GTE-Rang vier

In der GT-Profiwertung setzten Giancarlo Fisichella und Gianmaria Bruni (AF-Corse-Ferrari) der BMW-Dominanz ein Ende. Deklassierten die Bayern in den Zeitsitzungen noch den Rest der Gran-Turismo-Welt, quälte die Werkspiloten im Rennen Gripverlust. Deshalb blieb BMW der Sprung aufs Podium verwehrt. Dieser glückte stattdessen Stephane Ortelli und Frédéric Mackowiecki (Luxury-Ferrari) sowie Marc Lieb und Richard Lietz (Felbermayr-Porsche).

BMW-Pilot Uwe Alzen versuchte indes zu retten, was noch zu retten war und setzte sich im Stoßstangenduell gegen Marco Holzer (ProSpeed-Porsche) durch. Damit sicherte sich BMW im Finale noch den vierten Platz. In der Amateurliga gewannen Nicolas Armindo und Raymond Narac (IMSA-Porsche). In der Formula Le Mans machte das Wiesbadener Ensemble rund um Mirco Schultis den Sack in der Fahrerwertung zu und feierte einen unangefochtenen Klassensieg. Die Konkurrenz konnte Schultis, Patrick Simon und Julien Schnell (Pegasus Racing) zu keiner Zeit das Wasser reichen.

Der letzte Wertungslauf der Le Mans Series steht in zwei Wochen in Estoril auf dem Programm. Die nächste Runde des Intercontinental Le Mans Cups ist das Petit Le Mans am ersten Oktoberwochenende.